Klimapaket spaltet Unternehmerschaft - Kritik kommt auch aus Pforzheim und Niefern
Der Kompromiss von Bund und Ländern zum Klimapaket gefällt nicht allen Unternehmern. Philipp Kollmar, Geschäftsführer von Bellmer in Niefern und Vorstandsmitglied im Pforzheimer Wirtschaftsrat, befürchtet, dass bei einem höheren CO2-Preis energieintensive Unternehmen ins Ausland abwandern könnten – etwa nach Osteuropa, wo sie günstigeren Kohlestrom bekommen. „Es wird ja nicht weniger produziert, sondern mehr bezahlt“, klagt Kollmar.
Grundsätzlich erachte die Pforzheimer Witzenmann-Gruppe eine CO2-Bepreisung als sinnvolles Instrument, um Emissionen zu reduzieren. „Als weltweit aktives Unternehmen würden wir uns eine internationale Regelung wünschen.“ Denn: „Eine nationale Bepreisung wird die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien, wie beispielsweise der Stahlindustrie, am Standort Deutschland weiter verschlechtern.“
Die Einigung sieht vor, dass der CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden zum 1. Januar 2021 mit 25 Euro pro Tonne startet – bisher waren zehn Euro vorgesehen. Im Gegenzug soll es eine Anhebung der Pendlerpauschale geben und Entlastungen beim Strompreis.
Auch in der Unionsfraktion regt sich nun Kritik. Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, sagt: „Von einem höheren CO2-Preis bei gleichzeitiger Strompreisentlastung gehen durchaus richtige Anreize aus. Wir müssen aber auch Vorkehrungen treffen, damit ein höherer Preis keine Unternehmen zur Abwanderung drängt.“
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock wies auf die geplante Senkung der EEG-Umlage zur Ökostrom-Förderung hin: „Wir entlasten darüber auch den kleinen und mittelständischen Unternehmer“, sagte sie am Montagabend im ZDF-„Heute-Journal“.
Dennoch sorgt sich der Deutsche Industrie- und Handelkammertag (DIHK) vor allem um mittelständische Industriebetriebe und Logistiker, die auf Gas oder Diesel angewiesen seien, aber wenig Strom einsetzen könnten. „Ein kluger Ausgleich für die Unternehmen ist deshalb dringend notwendig“, sagt DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Die Betriebe wollten zeitnah wissen, ob und inwieweit sie in Deutschland eine Zukunft haben.
Deshalb fordert Bellmer-Chef Kollmar von der Politik, dass bei der CO2-Bepreisung auch andere EU-Länder nachziehen, „sonst wirkt sie wettbewerbsverzerrend“. Auch müsse der CO2-Preis tatsächlich zweckgebunden sein. Seinen Betrieb wird das Klimapaket vorerst nicht stark belasten. „Kostenträger bei uns sind vor allem Material und Personal“, sagt Kollmar.
Auch das Handwerk ist gespalten. „Es ist nicht so, dass wir die CO2-Bepreisung begrüßen“, sagt Joachim Butz, Landesinnungsmeister Baden-Württemberg für Sanitär-Heizung-Klima und Geschäftsführer der Butz Blechnerei und Installationstechnik in Pforzheim. „Wir sind dafür, dass die Energiewende technologieoffen betrieben wird.“ Die CO2-Bepreisung müsse in vertretbarem Maße passieren und die gewonnen Mittel dürfen nicht komplett in den Haushalt fließen.
Dennoch sei die Entkarbonisierung ein Thema für die Branche, sagt Butz. „Es wird einen Umbruch geben“. Nur zwei Prozent der Heizungen sind noch im Neubaubereich Ölheizungen. Auch im ländlichen Raum, wo es kaum Gasversorgung gebe, werde das Heizen für Verbraucher teurer.
Der CO2-Preis soll fossile Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln. Am Mittwoch will der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag die Einigung endgültig beschließen. Morgen soll der Bundestag den Kompromiss billigen, am Freitag der Bundesrat.