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Mühlacker -  25.07.2022
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Lienzinger Vorzeigeprojekt: Experten aus dem ganzen Land beschäftigen sich mit der Zehntscheuer

Der Experten-Termin auf Einladung des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg auf der Baustelle der ehemaligen Zehntscheuer in Lienzingen beginnt gleich mit einer überraschenden Nachricht: Der ältere Teil lässt sich auf das Baujahr 1569 eingrenzen, ist damit knapp 150 Jahre älter als bisher angenommen.

Mühlacker-Lienzingen. In der Rankingliste der ältesten Lienzinger Scheunen bedeutet das einen Sprung um sechs Plätze auf Rang fünf nach den 2010 vom Bauforscher Tilmann Marstaller vorgelegten Ergebnissen seiner dendrochronologischen Untersuchungen.

Nachschauen, abschauen, zuschauen, umschauen hieß es denn auch in der Herzenbühlstraße an der früheren Zehntscheuer. Lienzingen war einer von vier Orten im Land, auf die die Denkmalsschützer ihr „fachliches Partnerfeld“ erstmals einluden – speziell Fachleute aus der denkmalpflegerischen Praxis, Architekten, Handwerker, Baurechtsmenschen aus Behörden. Das Motto lautet: Scheune sucht Freunde.

Claudia Baer-Schneider, Fachgebietsleitung im Regierungsbezirk Karlsruhe und Tina Frühauf vom Landesamt für Denkmalpflege übernahmen den fachlichen Part. Frühauf lobte den gelungenen Einbau von Dachgauben, nicht in Reih und Glied gehalten, sondern versetzt. Die Gefache zum Gässle sollen mit Glas geschlossen werden dürfen. Der Bauherr lobt das Entgegenkommen von Tina Frühauf und ihrer Behörde.

Dadurch wird in der künftigen, sich über zwei Stockwerke erstreckenden Wohnung mehr Tageslicht einfallen, gleichzeitig öffnen sich Blicke von innen unter anderem auf die Hausgärten der Nachbarn.

Lienzingen verdankt der Rettung seiner früheren Zehntscheuer in aller letzter Minute einem Ehepaar, das vor 18 Jahren aus der Eifel beziehungsweise der Aachener Gegend zu- und auf eine Baustelle einzogen. Die Scheune befand sich im Eigentum einer Erbengemeinschaft. Der Verfall der Scheune hatte begonnen. Die Erbengemeinschaft war das Problem. Insgesamt 41 Erben, die teilweise nichts von ihrem Besitz wussten. Ein Glück, dass sich der pensionierte Notar Häußermann aus Iptingen daran machte, den gordischen Knoten zu lösen. Der Notar war auch Ansprechpartner der Stadtverwaltung. Irgendwann leistete eine der Beteiligten die letzte notwendige Unterschrift.

Wohung wird gebaut

Für die Zehntscheuer schloss die Stadt 2020 mit den neuen Eigentümern eine Modernisierungsvereinbarung im Rahmen der Ortskernsanierung. Die Sanierungsarbeiten brauchen noch ihre Zeit. Entstehen wird darin eine Wohnung auf zwei Etagen.

Im Ortsbuch von 1970 schrieb Friedrich Wißmann, dass die Scheune aus Tenne, Bam und Fruchtkasten besteht sowie einem gewölbten Keller (und der ist immer noch vorhanden). Das Gebäude gehörte dem Staat Im Laufe des Jahres 1854 übernahm dann die Gemeinde die Zehntscheune. Sie verkaufte sie 1873 an Friedrich Straub für umgerechnet 1350 Gulden. Der Keller wurde wohl erst im 17. Jahrhundert nachträglich eingebaut. Die Scheune besteht aus einem älteren und einem etwas jüngeren Teil. Der ältere wird auf das Jahr 1569 datiert. 

Autor: pm