Gemeinden der Region
Enzkreis -  08.12.2019
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Mahnfeuer und Angst vor Höfesterben: Protest der Landwirte im Enzkreis lodert auf

Kämpfelbach/Enzkreis. Immer höhere Auflagen trotz massivem Druck auf die Erzeugerpreise, ein mit heißer Nadel gefühlt an den Landwirten vorbei gestricktes Agrarpaket der Bundesregierung, eine erneute Verschärfung der Düngeverordnung und noch dazu die im Rahmen des Volksbegehrens aufgekochte Diskussion um den Pflanzenschutz: Die Gemütslage der Landwirte in der Region brodelt nicht nur, sie brennt. Nach dem bundesweiten Traktor-Korso brachten dies nun zahlreiche Höfe mit über 150 Mahnfeuern am Samstagabend in Baden-Württemberg zum Ausdruck – im Enzkreis unter anderem in Ölbronn und Kämpfelbach-Ersingen.

„Wir alle stehen mit dem Rücken an der Wand“, verdeutlichten Jasmin und Nicolai Heckmann, als sie nahe dem Steinbruch an der B10 vor dem Ersinger Kreuz ihr angemeldetes Feuer entzündeten. Mit dem Ertrag seiner Felder füttert Nicolai Heckmann 300 Rinder zur Erzeugung von regionalem Färsen-Fleisch. Mit seinem Vater Theo und seinem Bruder Christian betreibt er eine hauptsächlich mit dem Stallmist befüllte Biogasanlage, die neben Strom gepaart mit einer Hackschnitzelanlage Wärme für über 70 Haushalte, die Schule und das Hallenbad im Ort erzeugt. Ein schlüssiges Konzept, von dem die Familie leben kann. Doch: „Seit den Verhandlungen der EU-Außenhandelsabkommen ist der Fleischpreis eingebrochen und uns fehlen 50 Cent pro Kilogramm Fleisch“, verdeutlicht Heckmann, „Das ist genau der Gewinnanteil, der das Ganze vom Plus ins Minus kippen kann.“ Auch die immer enger getaktete Ausbringungsmöglichkeit für die nährstoffreiche Biogas-Gülle beschäftigt den Betrieb – das führe dazu, dass die Gülle zu Zeiten ausgebracht werden müsse, zu denen die Pflanzen keinen Bedarf hätten. Hinzu komme die geplante Ausweisung weiterer Schutzgebiete, aus Sicht der Landwirte verbunden mit vielen Ungereimtheiten. Einerseits würden die deutschen Bauern zu den weltweit höchsten Standards gesunde Lebensmittel produzieren – und andererseits in der Öffentlichkeit in ein immer negativeres Bild gerückt werden.

Sorgen um die Zukunft

„In der Politik, aber auch Gesellschaft muss sich grundlegend etwas ändern“, sagte Kevin Stahl, dessen Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb in Mönsheim hat. „Wir Bauern stehen für Insekten- und Naturschutz und betreiben nachhaltige Landwirtschaft. Aber viele Auflagen und Gesetze gehen an uns vorbei“, ermutigte der Ettlinger Landwirt und Direktvermarkter Alexander Kunz. „Wir sitzen alle im gleichen Boot und kämpfen für unsere Jugend und die Zukunft unserer Betriebe“, sagte er mit Blick zu seinem 18-Jährigen Sohn Jascha und seiner 17-Jährigen Tochter Lena, die beide die Landwirtsausbildung absolvieren. Sie haben frisches Bauernbrot mitgebracht, SPD-Kreisrat Andreas Beier passend dazu die Würste aus regionaler Erzeugung. Neben ihm folgten einige Bürger und vier Kreisräte der AfD-Fraktion der Einladung der Landwirte.

„Wir brauchen die Landwirte vor Ort – und müssen die Betriebe unterstützen, aus den gegebenen räumlichen Bedingungen das Beste zu machen“, erklärte der Kämpfelbacher CDU-Gemeinderat Michael Schuster. „Wir wollen die Sorgen ernst nehmen und unser Bestes tun, die Anliegen weiter nach Stuttgart zu tragen“, bekräftigten die Kreisräte Klaus Fuchs und Christoph Wichardt.

Autor: Julian Zachmann