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Ölbronn-Dürrn -  25.09.2020
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Misstrauen gegenüber Abwasserverband wächst: Ölbronn-Dürrner Räte befürchten Gefahren für Trinkwasserversorgung

Ölbronn-Dürrn. Die Gemeinde Ölbronn-Dürrn stellt nun selbst Nachforschungen zur Abwassersituation in den „Erlen“ an. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung einstimmig beschlossen und ein Fachbüro damit beauftragt, Schlammproben aus dem Feuerlöschteich, aus dem Mühlgraben und aus dem Retentionsbodenfilter zu entnehmen. Das Misstrauen gegenüber dem zuständigen Abwasserverband Weißach- und Oberes Saalbachtal scheint groß zu sein.

Immer wieder hatten Hans-Dieter Deuß (Aktive Bürger) und einige seiner Ratskollegen Antworten von ihm verlangt, aber keine bekommen. Ende Juni hatte der Gemeinderat deshalb einen Antrag gestellt, in dem er den Abwasserverband unter anderem dazu aufforderte, ihn „über die Konsequenzen aus den Analyseergebnissen der Probeentnahmen aus dem Retentionsfilterbecken auf die Wasserqualität des Mühlgrabens“ zu informieren. Oder anders ausgedrückt: Der Rat wollte wissen, was bei der Analyse der Proben herausgekommen ist, die entnommen worden sind nach einem Vorfall im November vorigen Jahres, bei dem Papierschlamm in die Kanalisation im Bereich des Gewerbegebiets „Erlen“ gelangte.

Die Antwort des Verbands stellte den Gemeinderat nicht zufrieden. Schriftlich lässt er das Gremium wissen: „Jegliche Auffälligkeiten“ seien „zu jeder Zeit umgehend“ der Gemeinde und dem Landratsamt als Überwachungsbehörde mitgeteilt worden. „Nach heutiger Sachlage sind durch die bisherigen Auffälligkeiten keine bleibenden Schäden an den Verbandsanlagen entstanden.“ Daher sieht der Verband keinen weiteren Handlungsbedarf. Welche Konsequenzen die Analyseergebnisse der Probenentnahme auf die Wasserqualität des Mühlgrabens haben, liege im Bewertungs- und Zuständigkeitsbereich der unteren Wasserbehörde „und nicht beim Abwasserverband“. Diese sehe in den Analyseergebnissen „keine akute Gewässergefährdung“.

"Chemiecocktail ersten Grades"

Tatsächlich? Auf PZ-Nachfrage teilt das Landratsamt mit, laut Umweltamt sei die Aussage bezüglich der damaligen Analyseergebnisse richtig wiedergegeben. „Die Analysen-Ergebnisse wurden von der unteren Wasserbehörde fachtechnisch geprüft und bewertet“, schreibt die Behörde: „Sie kam zum Ergebnis, dass keine akute Gewässergefährdung zu besorgen ist.“ Aktuellere Analyseergebnisse lägen dem Umweltamt nicht vor. Für Deuß sind die Analyseergebnisse dagegen sehr beunruhigend: „Was da in dem Schlamm zu finden war, hat mich schockiert“, sagte er und erklärte, die Analysewerte lägen zum Teil deutlich höher als die Schwellenwerte.

"Ich glaube, das würde uns nicht dümmer machen."

Helmut Keller (Freie Wähler) brachte einen Ortstermin ins Gespräch.

Deuß spricht von einem „Chemiecocktail ersten Grades“ und sieht ein Problem vor allem in Bezug auf den Mühlgraben und die darunter liegende Trinkwasserversorgung. Der Abwasserverband habe dafür Sorge zu tragen, dass sein Eigentum ordnungsgemäß funktioniere und der Retentionsbodenfilter eine biologische Klärung vornehmen könne. Es müsse sichergestellt werden, dass kein verschmutztes Wasser in den Mühlgraben gelange. Deuß will Antworten vom Verband: Man müsse darauf bestehen, dass es zu einem Gespräch komme. „Fragen gibt es noch und nöcher.“

Eine Einschätzung, die Fraktionskollege Björn Dost teilt: Mit seiner Antwort auf den Gemeinderatsantrag werfe der Verband mehr Fragen auf, als er beantworte. „Der Verband muss kommen und hier Rede und Antwort stehen.“ Unter anderem will Dost von ihm wissen, wie oft in dem Gebiet Untersuchungen vorgenommen werden.

Bürgermeister Norbert Holme will die Situation „da unten“ ganzheitlich betrachten und plädierte deshalb dafür, ein in Bietigheim-Bissingen ansässiges Labor mit der Probenentnahme, der Auswertung, der Bewertung und der Erläuterung der Ergebnisse im Gemeinderat zu beauftragen. Ein Vorschlag, dem der Rat einstimmig folgte. Helmut Keller (Freie Wähler) brachte einen Ortstermin ins Gespräch, bei dem sich der Gemeinderat die Gegebenheiten selbst anschaut. „Ich glaube, das würde uns nicht dümmer machen.“ Die Abwassersituation in den „Erlen“ beschäftigt den Gemeinderat schon lange – auch, weil sich dort ein Abfallentsorgungsunternehmen befindet.

Autor: Nico Roller