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Mühlacker -  18.01.2020
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Motorradbande legt sich mit Gästen an: Polizei bewahrt Gaststätte in Mühlacker-Enzberg vor gewaltsamen Ausschreitungen

Mühlacker-Enzberg. Ein Polizeiaufgebot hat am Freitagabend Ausschreitungen in einer Gaststätte in Mühlacker-Enzberg verhindert.

Ein Polizeiaufgebot konnte weitere Ausschreitungen verhindern.
Ein Polizeiaufgebot konnte weitere Ausschreitungen verhindern. Foto: Symbolbild dpa

Laut einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und des Polizeipräsidiums Pforzheim, erschienen um 19.30 Uhr insgesamt 22 Mitglieder eines Pforzheimer Motorradclubs in der Gaststätte. Die Mitglieder der Motorradbande, die mit Autos angereist waren, trugen hierbei anscheinend sichtbar ihre Kutten.

In den Räumen der Gaststätte soll es zwischen den Mitgliedern des Motorradclubs und anderen Gästen zu einem Streit gekommen sein – worauf eine Zeugin sofort die Polizei verständigte. Bei der Auseinandersetzung wurde der Wirt sowie sein Bekannter leicht verletzt. Ein Krankenwagen war laut Polizei nicht notwendig. Zudem bestand der Verdacht, dass aus dem Geldbeutel der Bedienung Bargeld gestohlen wurde.

Die Pforzheimer Polizei war mit mehreren Streifenfahrzeugen im Einsatz, ebenso war die Polizeihundeführerstaffel präsent. Der Einsatzleiter der Polizei ordnete eine Erhebung der Namen und eine Durchsuchung der beteiligten Personen an. Bei der anschließenden Durchsuchung konnten keine Waffen oder gefährlichen Gegenstände gefunden werden.

Laut Pressemitteilung verhielten sich die Mitglieder des Motorradclubs während der polizeilichen Maßnahmen kooperativ. Nach der Erteilung von Platzverweisen sollen sie Gaststättengelände verlassen haben – es kam zu keinen Festnahmen durch die Polizei. Die weiteren polizeilichen Ermittlungen, insbesondere zu den Hintergründen der Tat, dauern an und werden durch das Kriminalkommissariat Pforzheim übernommen.

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2016 und 2018 hatten auch in Pforzheim und Niefern-Öschelbronn Polizeiaktionen gegen die Osmanen für Aufsehen gesorgt. In Pforzheim hatten sich im Juli 2016 rund 600 Personen aus dem Osmanen-Umfeld auf der Wilferdinger Höhe getroffen. Das damals neugegründete Pforzheimer Chapter hatte in eine ehemalige Diskothek an der Julius-Moser-Straße geladen. Rund 200 Polizisten waren vor Ort.

Auseinandersetzungen zwischen Hells Angels und United Tribuns sind den Menschen in Pforzheim noch gut in Erinnerung. Ende 2010 kam es auf dem Pforzheimer Güterbahnhof-Gelände zu einer Massenschlägerei. Rund 40 Rocker schlugen sich auf einem Parkplatz mit Macheten und Baseballschlägern, ein von einem Messerstich verletzter Mann schwebte in Lebensgefahr – und es fiel ein Schuss aus einer scharfen Waffe. Die Kugel schlug zum Glück in einem abgestellten Lieferwagen ein, in dem niemand saß.

Von da an gab es polizeiliche Untersuchungen und Razzien bei den beiden Gruppen. Die Hells Angels traf es mit Wohnungsdurchsuchungen gleich zweimal, im Dezember 2010 und im März 2012, während die United Tribuns bei einer Razzia im Februar 2011 unter anderem Waffen wie eine scharfe Maschinenpistole mit Schalldämpfer abgegeben mussten. Höhepunkt der Aktionen: Der Pforzheimer Verein der Hells Angels wurde verboten. Nach einigen Prozessen hört man im Augenblick nicht mehr viel von den Höllenengeln. Um die United Tribuns ist es in Pforzheim ebenfalls ruhiger geworden. Die Black Jackets, eine dritte Gruppe, die im Türstehermilieu der Region um Pforzheim mitmischte und rockerähnlich strukturiert war, verschwanden in der Bedeutungslosigkeit, nachdem zuerst die Jugendgruppe aufgelöst und der Gruppenführer zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.

Nur ganz am Rande spielten auch die Rocker vom Gremium MC eine Rolle in Pforzheim. Sie scheiterten zum Beispiel mit einem Motorrad-Korso durch die Stadt, der wohl als Provokation der Hells Angels gedacht war. Stress mit Mitgliedern der Bandidos, die sich anderswo in Deutschland heftige Gefechte mit den Hells Angels lieferten, gab es in Pforzheim mangels einer Bandidos-Gruppe nicht. In der weiteren Region hat zuletzt die Gruppe der Red Legion für Aufsehen und Polizeieinsätze gesorgt. In Pforzheim jedoch sind sie noch nicht bemerkenswert aufgefallen.

Im Sommer 2016 machten die „Osmanen“ in Pforzheim von sich reden, eine mutmaßlich aus Istanbul gesteuerte türkisch-nationale Kuttenträger-Vereinigung. In einer Pforzheimer Disko auf der Wilferdinger Höhe wollten sie ein lokales Chapter – gewissermaßen einen Ortsverein – gründen. Die Polizei, die mit starken Kräften vor Ort war und die Personalien der „Osmanen“ aus ganz Deutschland aufnahm, sprach von etwas über 200 Teilnehmern. Bisher, so Erkenntnisse des Landeskriminalamts (LKA), gab es sechs Chapter in Baden-Württemberg: in Mannheim, Heidelberg, Stuttgart, Heilbronn, Konstanz und Ravensburg. Geschuldet war das Großaufgebot der Ordnungsmacht auch der Tatsache, dass man ein mögliches Aufeinandertreffen der „Osmanen“ mit Mitgliedern der kurdisch dominierten, ebenfalls rockerähnlichen Vereinigung „Bahoz“ unbedingt verhindern wollte. Am 10. Juli 2018 hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer den Verein einschließlich der Teilorganisationen verboten und jede Tätigkeit untersagt. Das Verbot nach dem Vereinsgesetz ist dem Ministerium zufolge erfolgt, da Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderliefen und eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit vom Verein ausging, ist bei Wikipedia nachzulesen. Im Rahmen des Verbots waren mehrere Objekte in Baden-Württemberg untersucht worden - eins davon in Niefern-Öschelbronn. tok

Autor: pol/tok/mg