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Remchingen -  18.10.2019
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„Nacht der Gitarren“ in der Kulturhalle Remchingen mit grundverschiedenen Spielern

Remchingen. Manchmal kommt’s ganz anders als erwartet: Lulo Reinhardt – schon sein Name kommt einem Fingerzeig auf swingenden Gypsy-Jazz gleich – hat mit einer extrem tief gestimmten Gitarre und Klangfolgen, die gleichzeitig Sitar und Tabla ähnelten, überrascht. Mit seiner Komposition „Gypsy Meets India“ eröffnete er die diesjährige „Nacht der Gitarren“. Der Titel ist eine exotische Mischung aus dynamischen Fingerpickings, klug platzierten Flageoletts und sich unterordnendem, beinahe meditativem Gesang.

In der Remchinger Kulturhalle kennen viele Lulo Reinhardt bereits von der „Nacht der Gitarren“ 2016, seinerzeit war der Saal ausverkauft; dieses mal wollen sich immerhin 205 Zuschauer die Neuauflage des Gastspiels vier grundverschiedener Gitarristen nicht entgehen lassen. Auch die junge weißrussische Gitarristin Yuliya Lonskaya hat mindestens zwei Überraschungen im Tourneegepäck. Erstens: Sie studierte Gesang und Gitarre an der Musikhochschule Karlsruhe und spricht gutes Deutsch. Und zweitens: Sie beginnt mit dem von Itamar Erez komponierten Stück „Yahli’s Lullaby“ – und das handelt von der afrobrasilianischen Meeresgöttin Yemanjá, die Lonskaya mit tiefer Altstimme beschreibt. Auch ihr zweiter, gleichermaßen modern und klassisch anmutender Titel „Fogo“ kann seine südamerikanischen Einflüsse nicht verhehlen. Ihr perlendes und schwieriges Gitarrenspiel wird vom Publikum mit viel Beifall honoriert.

Dritter Tournee-Musiker im Bunde ist Daniel Stelter aus Ingelheim. Er trägt auf der Mandoline seine der Donaumetropole Wien gewidmete Komposition „Old Vienna“ vor – und kommt in den hohen Passagen den Klängen einer Zither nahe.

Itamar Erez stammt aus Israel, lebt in Vancouver und hat seinen „Hommage“ genannten Song dem brasilianischen Multiinstrumentalisten und Komponisten Egberto Gismonti (Jahrgang 1947) gewidmet. Im PZ-Gespräch verrät Erez, brasilianische Musik habe ihn bereits im Alter von 18 Jahren begeistert, es sei so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen.

Die zweite Konzerthälfte gestalten Lonskaya, Erez, Reinhardt und Stelter noch facettenreicher: Sie treten in wechselnden Duo- und Trio-Formationen, schließlich als Quartett auf. Zu den Glanzlichtern der „Nacht der Gitarren 2019“ zählt das Duett „New Dawn“ (Stelter und Erez), die Paris gewidmete Komposition „à bientôt“, die wie portugiesischer Fado daherkommt, das Mandolinen-Solo „Straßenstaub“ (im ersten Set) und alle Titel, die gegen Ende des Konzerts in Viererbesetzung zum Besten gegeben werden. Mit stehendem Applaus und zwei Zugaben klingt die (lange) Nacht der Gitarren kurz vor 23 Uhr aus.

Autor: Robin Daniel Frommer