Gemeinden der Region
Kämpfelbach -  26.01.2020
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Neujahrsempfang der Grünen offenbart Zweikampf um Landtagskandidatur

Kämpfelbach. Die Überraschung beim Grünen-Neujahrsempfang Pforzheim-Enzkreis am Sonntag sickerte abseits des Rednerpults beim Austausch zwischen Mandelmilch und Gemüsehäppchen durch: Der frühere Bundestagsabgeordnete Memet Kiliç wirft seinen Hut für die Nominierung zum Pforzheimer Landtags-Kandidaten in den Ring. Damit tritt der 53-jährige Jurist aus Heidelberg gegen den 24-jährigen Grünen-Stadtrat Felix Herkens an. „Seit längerem ermutigen mich viele Menschen, mich in der Landespolitik zu engagieren – in den letzten Tagen haben Stimmen der Grünen in Pforzheim und dem Enzkreis, die unsere gemeinsamen engagierten Wahlkämpfe in Erinnerung haben, zugenommen“, erklärte Kiliç auf Nachfrage.

Die 61-jährige Grünen-Landtagsabgeordnete Stefanie Seemann bestätigte derweil offiziell ihre erneute Kandidatur für den Enzkreis: „Ich habe noch ganz viel vor: Lasst uns dafür sorgen, dass das 20er-Jahrzehnt nicht golden, sondern grün wird!“ Den Empfang hatte der Kreisverband bewusst aus der Stadt raus in die Region gelegt: mit Erfolg, zumindest gemessen an rund 120 Besuchern, für die die Stühle in der historischen Kämpfelbacher Weinbrennerkelter bei Weitem nicht reichten. In den umliegenden Gemeinden mischten grüne Listen so manches Rats-Gremium neu auf: „Den Rückenwind der Kommunalwahl wollen wir nun für Bund und Land nutzen“, erklärten Rosi Linkenheil und Klaus Fingerhut vom Kreisvorstand. Auch die Bürgermeisterwahlen werde man im Auge behalten, so Fingerhut, der die zahlreichen Schultes-Posten im Kreisrat äußerst kritisch sehe und schmunzelnd nachschob: „Wenn wir politisch nicht rankommen, müssen wir eben die Bürgermeisterstellen besetzen.“

Auch weitere Ortsverbände wolle man gründen – nicht, um „Mensch und Umwelt“-Listen zu vereinnahmen, sondern um noch stärker an der Basis präsent zu sein, wie Seemann verdeutlichte: „Immer mehr erkennen, dass wir die richtigen Fragen stellen und die richtigen Antworten darauf haben – die Mitte der Gesellschaft ist zu uns gekommen.“ Nach zähen Verhandlungen könne sie den Landes-Doppelhaushalt mit drei Schlagwörtern überschreiben: Gesellschaftlicher Zusammenhalt vor allem zur Gleichstellung, Innovationen sowie Nachhaltigkeit, bei der die junge Generation mit ihren Klimaprotesten Mut mache.

Den euphorischen Paukenschlag des von Yvonne Ehringer und Dieter Westerteicher musikalisch umrahmten Empfangs setzte die 26-jährige stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin des Bundesvorstands Ricarda Lang – gefeiert von jeder Menge Applaus. Die Jungen würden nicht länger zusehen, wie ihre Zukunft in Kohlekraftwerken verheizt werde: „Klimaschutz ist kein Trend, sondern die Existenzfrage unserer Zeit. Dass es nicht einfach ist, ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.“ Nachdem das zurückliegende Jahr auch ein feministischer Erfolg gewesen sei, habe sie „richtig Bock“ auf das neue: „Lasst uns den Feminismus auf die Dorfplätze tragen“, brach Lang die Lanze für Freiheit und Gleichheit aller: „Menschenverachtung darf niemals zur Normalität werden.“

Kritik an Discounter-Neubau

„Wir haben echt etwas zu feiern“, freute sich Christine Fischer vom Kämpfelbacher Ortsverband und lud die Pforzheimer Freunde ins hiesige Hallenbad ein, bis sie selbst wieder schwimmen könnten. Allerdings laufe es auch in ihrer Gemeinde Kämpfelbach nicht immer glatt: Fischer kritisierte den Discounter-Neubau in einer ehemaligen Grünzäsur im Wasserschutzgebiet, ein neues Baugebiet trotz vieler „Enkelgrundstücke“ und Leerstände im Dorf sowie leere Finanztöpfe für den Radwegebau.

Autor: Julian Zachmann