Gemeinden der Region
Neuenbürg -  30.09.2018
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PZ-Nordschwarzwald-Ausgabe: Interview mit Klaus Mack, Bürgermeister von Bad Wildbad

Bad Wildbad. Weg vom Kirchturmdenken, hin zu einer Vermarktung der gesamten Region Nordschwarzwald. Dafür plädiert Bad Wildbads Bürgermeister Klaus Mack. Der Vorsitzende des Tourismusausschusses des Gemeindetags Baden-Württemberg sieht in einer gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit die Chance, auch Urlauber aus dem Ausland zu generieren. Zum Start der neuen PZ-Nordschwarzwald-Ausgabe erläutert er seine Visionen und zeigt auf, dass die touristische Entwicklung des Sommerbergs noch lange nicht am Ende ist.

PZ: Der Nordschwarzwald blüht seit einigen Jahren regelrecht auf. Von Stillstand kann keine Rede sein. Eher ist das Gegenteil der Fall. Wie schaffen Sie es in Bad Wildbad, mit der Entwicklung Schritt zu halten und die Infrastruktur an den Besucheransturm anzupassen?

Klaus Mack: Wir haben eine klare touristische Ausrichtung, wie etwa die Entwicklung auf dem Sommberg, die zunächst einmal mit Baumwipfelpfad, Hängebrücke und Märchenweg den Tagestouristen anspricht. Diese Entwicklung soll aber weitergehen. Weitere Projekte sind in Planung. Es gibt aber auch eine Entwicklung in der Innenstadt. Wir kümmern uns um die Stadtsanierung, haben ein Einzelhandelskonzept aufgestellt und überlegen mit dem Projekt Staatsbad 4.0 wie wir die nächsten 10 bis 15 Jahre gestalten können. An all dem arbeiten wir momentan mit Nachdruck. Ich denke wir rennen nicht einer Entwicklung hinterher, sondern wir sind eher der Motor, der diese Entwicklung angestoßen hat. Es macht große Freude, daran zu arbeiten.

PZ: An den Wochenenden ist Bad Wildbad knallevoll. Das ist ein Luxusproblem. Was muss denn noch an der Verkehrsinfrastruktur getan werden?

Mack: Wir freuen uns, dass so viel los ist. Als ich hier angefangen habe, wurde ich aufgefordert, die Stadt zu beleben. Jetzt ist die Stadt belebt und natürlich kommt der Verkehr mit, das ist klar. Wir haben im Moment mehr Spitzentage als prognostiziert. Das zeigt, dass unsere Projekte gut laufen. Es ist richtig, wir müssen im Bereich Verkehr nachsteuern. Wir werden im Oktober mit dem Bau von 50 neuen Parkplätzen an der Marienruhe beginnen. Und wir arbeiten an einer weiteren Aufstiegshilfe vom Sportplatz auf den Sommerberg. Das würde eine weitere Entwicklung des Bereichs Sommerberg ermöglichen. Bisher ist die Strategie, den Sommberg zu beleben, das Projekt Staatsbad 4.0 in der Stadt anzustoßen und alternative Übernachtungsformen für die Meisternebene zu finden. Wenn es aber gelingen würde, eine Aufstiegshilfe auf den Sommerberg zu schaffen, könnten wir auch sagen, wir entwickeln den Sommerberg weiter. Da sind wir im Moment in der Überlegungsphase. Wir müssen abwarten, was sich letztendlich realisieren lässt.

PZ: Profitieren auch die Nachbarorte vom Boom, der in Bad Wildbad ausgelöst wird?

Mack: Definitiv! Je positiver sich die Region entwickelt, desto besser für alle. Der Gast bucht ja heute nicht mehr einen speziellen Ort, sondern er bucht eine Region. Dafür wurde die Touristik Nördlicher Schwarzwald gegründet. Die Leute suchen sich im Internet das Hotel, das am besten zu ihnen passt. Aber das Hotel ist ja auch nur Teil eines bestimmten Umfeldes. Ich möchte als Gast auch etwas in der Region erleben können. Die Menschen sind heute mobil. Ich sehe die Region nicht nur auf den Kreis Calw beschränkt, sondern auf den gesamten Nordschwarzwald. Uns hilft das Infozentrum Nationalpark genauso, wie uns der Gasometer in Pforzheim hilft oder der geplante Turm in Schömberg. Das sind im wahrsten Sinne des Wortes Leuchttürme die da entstehen.

PZ: Auch Tourismusexperten sagen, dass man wegkommen muss vom Kirchturmdenken. Wie gut funktioniert das Miteinander mit den benachbarten Tourismusorten wie etwa Höfen, Dobel oder Schömberg?

Mack: Wir arbeiten mit Höfen und Enzklösterle sehr eng zusammen. Die Touristik Bad Wildbad GmbH betreut die Tourist-Info in Enzklösterle mit. Und wir alle sind Gesellschafter in der Touristik Nördlicher Schwarzwald. Wir haben unser gesamtes Marketing ausgelagert auf eine höhere Ebene. Es ist der richtige Weg, Destinationsmanagement voranzubringen und nicht mehr die Vermarktung des Einzelnen.

PZ: Sie haben dem Land mit Ihrem „Staatsbad-4.0-Konzept“ eine völlige Neuordnung der landeseigenen Gebäude auf den Tisch gelegt. Bei einer Umsetzung würde die Stadt ihr Erscheinungsbild ändern. Wie weit sind die Verhandlungen fortgeschritten? Schluckt das Land die großen Brocken, die Sie ihm vorgesetzt haben?

Mack: Der Vorschlag ist, die Vitaltherme abzubrechen und ins Neue Eberhardsbad zu integrieren. Das Land prüft gerade, welche wirtschaftliche Lösung am sinnvollsten ist. Macht es Sinn abzubrechen und neu zu bauen? Macht es mehr Sinn nur einen Teil abzubrechen? Mein Eindruck ist, dass alle sehr ernsthaft und zielgerichtet an dieser Entwicklung arbeiten. Aber es muss natürlich vieles geprüft werden. Bis hin zu der Frage, welche Synergien das Land schöpfen kann. Klar, man müsste einmal groß investieren. Aber wir hier in Bad Wildbad sehen, dass dann auch gewisse Synergien da wären. Beispielsweise könnten bei einem Umzug der Vitaltherme in die direkte Nachbarschaft des Palais Thermal die Kasse oder die Bädertechnik beider Einrichtungen zusammengelegt werden. Dadurch könnte im laufenden Betrieb gespart werden. Ich finde das ist eine sehr charmante Idee und ich glaube, das Land sieht das inzwischen auch so. Darum arbeitet es auch so intensiv daran. Wie es am Ende ausgeht, ob die Investitionen in den Landeshaushalt kommen, ist noch offen.

PZ: Über den Umzug der Vitaltherme hinaus sieht ihr Konzept aber auch den Neubau eines großen Hotels und die Umnutzung des Kurhauses vor.

Mack: Wir sind ja strategisch vorgegangen, indem wir ein Hotelentwicklungskonzept für die Stadt erstellt haben. Wir sind überzeugt davon, dass wir langfristig ein weiteres Hotel hier brauchen. Nicht, um den bestehenden Hotels Konkurrenz zu machen, sondern um die Zielgruppen bedienen zu können, die im Moment über den Baumwipfelpfad gehen. Wir wollen aus den Tagestouristen Übernachtungsgäste machen. Das wollen wir schaffen mit alternativen Übernachtungsmöglichkeiten, wie etwa Baumhäusern, aber auch mit einem Hotel, das auf Familien spezialisiert ist. Wenn der Standort Vitaltherme frei würde, wäre der Bereich prädestiniert für ein Hotel. Aber diese Überlegungen können wir erst weiterverfolgen, wenn wir die Sicherheit haben, dass die Vitaltherme auch tatsächlich verlegt wird.

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Autor: Das Gespräch führte Nicole Biesinger