Percussion-Gewitter bei Maulbronner Klosterkonzerten: Martin Grubinger spielt und das Publikum stampft
Maulbronn. Virtuos, dynamisch, bisweilen spektakulär ist die Schlagzeugkunst, die Martin Grubinger bei den Klosterkonzerten Maulbronn am Samstagnachmittag bietet. Ob er nur eine Trommel bearbeitet, mit vollem Körpereinsatz ein ganzes Arsenal an Schlagwerk bedient oder trickreich den Entertainer gibt – Vielseitigkeit und Perfektion kennzeichnen den Multi-Percussionisten.
Gleich mit dem ersten Stück des gut zweistündigen Programms huldigt der 35-Jährige dem „Schutzheiligen aller Schlagzeuger“, Iannis Xenakis. Das Solo-Stück „Psappha“ (1975) zeichnet sich durch spannende Pausen aus, die Grubinger mit gutem Gespür auslotet. Weit ausholend setzt er laute Schläge, die sekundenlang im Hof des Weltkulturerbes verhallen. Zeit zum Runterkommen lässt das zweite Stück, die Toccata für Marimba- und Vibrafon des Dänen Anders Koppel. Grubinger hat den Komponisten gebeten, einen Klavierpart hinzuzufügen. Den übernimmt der versierte Schwede Per Rundberg. Das Stück vereint Anklänge von Jazz, Tango und zeitgenössischer Musik.
Das von seinem Vater, Martin Grubinger senior, selbst Perkussionist und Lehrer am Mozarteum in Salzburg, geschriebene Stück „Aus dem Leben einer Trommel“ beweist, dass in dem Instrument mehr steckt, als man aus Blasmusik und Orchester kennt. Grubinger stellt das Leben der Trommel auf bis zu vier Instrumenten einfallsreich dar, von der Geburt – hier zieht er den Schlegel kreisförmig über die Membran – über die Teenagertage bis ins Alter – zwischen Ekstase und Beruhigung. Eindringlich, wie er zu prasselnden Vibrationen Gedichtfetzen von Ernst Jandl hinauspresst.
Treibende Motorik
Dann widmet sich der preisgekrönte Musiker in „One Study One Summary“ (2005) von John Psathas nochmal der Marimba und einer imposanten „Junk-Percussion-Wand“ mit Töpfen, Pfannen, Waschtrommeln und Mülltonnendeckeln, die er mit treibender Motorik bearbeitet. Ebenfalls von seinem Vater stammt die „Prismatic Final Suite“ mit Lieblingsstücken: Ein etwa 40-minütiges Prisma, zu dem die Percussionisten Rainer Furthner und Slavik Stakhov hinzustoßen. Da erklingen John Coriglianos „Conjurer“ an der Bass Drum, das präzise gespielte „Frozen In Time“ von Avner Dorman, eine Verneigung vor den Komponisten Friedrich Cerha und Bruno Hartl, eine faszinierende Einlage, bei der Grubinger nur mit gelben Neonsticks spielt und mit wilden Gesten jeden Ton der vom Band kommenden Musik visualisiert, das jazzige „Afro Blue“ und ein Satz aus Schostakowitschs 110. Kammersinfonie. Am Elektro-Pad erzeugtes Knattern überzeugt die 800 Zuschauer genauso wie das atemberaubend schnelle Oszillieren der Schlegel und das Zusammenspiel der Musiker.
Das Festwochenende-Publikum bedankt sich mit Ovationen und – ganz stilecht – enthusiastisch gestampftem Percussion-Gewitter auf dem Holzboden der Ränge.