Gemeinden der Region
Eutingen -  31.05.2019
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Pflegenotstand: "Jeder Ausfall schmerzt" - So ist die Situation im Enzkreis und dem Kreis Calw

Pforzheim/Enzkreis. In der ganzen Republik ächzen Alten- und Krankenpfleger unter der Last des Personalmangels. PZ-news zeigt, wie die Lage in den Kliniken der Region ist.

In vielen Orten wird es immer schwerer, Arbeitskräfte zu finden: Hier hilt Nadine Nachtigall, Bereichsleiterin in der Pflegeeinrichtung Ernst-Berendt-Haus, beim Anziehen der Schuhe.
In vielen Orten wird es immer schwerer, Arbeitskräfte zu finden: Hier hilt Nadine Nachtigall, Bereichsleiterin in der Pflegeeinrichtung Ernst-Berendt-Haus, beim Anziehen der Schuhe. Foto: Pedersen

Die Enzkreis-Kliniken in Mühlacker und Neuenbürg gehören zur Regionalen Kliniken Holding. Dominik Nusser, Regionaldirektor in Mühlacker, sagt: „Uns geht es wie jedem Krankenhaus. Auch wir suchen immer wieder Personal für offene Stellen.“ Die Suche sei meist aufwendig, passender Ersatz wird nicht immer gleich gefunden. „Aus diesem Grund haben wir auch seit einigen Jahren begonnen die Ausbildung neuer Kollegen zu intensivieren“, so Nusser. Wo die größten personellen Engpässe liegen, könne man pauschal nicht sagen, denn: „Jeder personelle Ausfall in einem Bereich schmerzt.“ Jedoch könne man feststellen: „Je spezialisierter ein Mitarbeiter ist, um so schwieriger wird die Suche nach einer entsprechenden Nachfolge. Die Suche kann dann schon einmal deutlich länger dauern, weshalb wir versuchen immer mehrere Mitarbeiter mit einer ‚Spezialqualifikation‘ zu haben.“ Im pflegerischen und medizinischen Bereich sind Mitarbeiter aus 37 Nationalitäten im Einsatz – etwa aus der Türkei, Griechenland, Rumänien, Kroatien und Italien.

Das Krankenhaus Öschelbronn ist auf Onkologie und Schmerztherapie spezialisiert. Einen Mangel an Pflegekräften gibt es dort nicht. In der Klinik Öschelbronn übernimmt das Pflegepersonal nur die Aufgaben, für die es auch wirklich ausgebildet ist – für Tätigkeiten wie Essenbringen sind eigene Servicekräfte zuständig. So bleibt den Pflegekräften mehr Zeit für Patienten. Zudem sind die Tagesabläufe in der Klinik strukturiert. Es gibt Therapiepläne für die Patienten, an die sich Pfleger, Therapeuten und Ärzte halten. Die Patientenakten sind vollständig digitalisiert – und zwar seit zehn Jahren. Das spart im Alltag Zeit. Einmal wöchentlich tauscht sich zudem das medizinische Personal über die Patienten aus, von der Pflegefachkraft bis zum Arzt. Wirtschaftlich zu sein und gut zu pflegen „ist ein Spagat“, sagt Geschäftsführerin Maria Wert in der SWR-Sendung „betrifft“. „Aber es ist kein Wider spruch.“ Den SWR-Beitrag „betrifft“ zum Thema Pflege unter anderem in der Klinik Öschelbronn finden Sie unter http://pzlink.de/70m

Aus dem Kreis Calw machten in der vergangenen Woche überraschende Nachrichten die Runde: Laut Kreispflegeplan gibt es dort schon jetzt und noch bis zum Jahr 2025 zu viele Pflegeplätze. Und zwar nicht nur in der stationären, sondern auch in der Tages- und Kurzzeitpflege. Die Experten um Landrat Helmut Riegger gehen sogar davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den kommenden sechs Jahren von knapp 1800 auf 1400 sinkt. Bei den Kreisräten sorgten die Zahlen jedoch für erhebliche Zweifel.

„Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff der Pflegestärkungsgesetze hat den Kreis der Anspruchsberechtigten und das Leistungsspektrum stark ausgeweitet“, sagt Joschua Birkemeyer, Regionaldirektor bei Korian, zu der auch die Schauinsland-Gruppe gehört. „Dadurch hat sich in einem vorher schon schwierigen Arbeitsmarkt der Bedarf an Fachkräften stark erhöht, der Mangel an qualifiziertem Personal hat weiter zugenommen.“ Dieser Mangel werde sich noch verstärken. Zudem, so Birkemeyer, gilt der Pflegeberuf als nicht sonderlich attraktiv. An diesem Image will auch Korian arbeiten. In seinen 235 Einrichtungen beschäftigt Korian über 22 000 Mitarbeiter aus mehr als 120 Nationen. Allein bei Schauinsland arbeiten in Pforzheim und dem Enzkreis über 500 Mitarbeiter aus 47 Nationen. Die Korian-Gruppe betreibt demnach langfristige Projekte in Rumänien, Vietnam und Albanien. Um Sprachbarrieren abzubauen, finanziert Korian Sprachkurse bis zum B2-Niveau. Das, so Birkemeyer, ist Voraussetzung für die Arbeit im Pflegebereich. In Pforzheim und dem Enzkreis hat Korian/Schauinsland allein fünf stationäre Pflegeeinrichtungen: in Tiefenbronn, Dillweißenstein, Würm, Eisingen und Eutingen. Die größten Engpässe bestehen dem Regionaldirektor zufolge im Bereich der Pflegefachkräfte.

Wie ist die Lage im Helios Klinikum Pforzheim? Und wie will eine Firma aus der Schweiz dabei helfen, den Pflegenotstand zu verringern, indem sie philippinische Pfleger an deutsche Einrichtungen vermittelt? Die Antworten gibt es am Samstag auf einer Doppelseite in der "Pforzheimer Zeitung".

Autor: Lisa Scharf