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Remchingen -  22.11.2018
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Plaudereien mit Musik: Bernd Stelter begeistert das Publikum in Remchingen

Remchingen. Sein erstes Lied hat er geschrieben und gespielt, als er 15 war: am Lagerfeuer der Campingkirche. Es handelte von Rock’n’Roll am Strand. „Dichtkunst ist was anderes“, meint Bernd Stelter rückblickend.

Wenn er heute Lieder über das Meer schreibt, dann klingen sie reif, sind gefühlvoll, hintersinnig und haben deutlich mehr Tiefgang. Kein Wunder: Der 57-Jährige hat in der Zwischenzeit viel erlebt: den Mauerfall, die Geburt zweier Kinder und viele berufliche Erfolge. Vieles, von dem er erzählen kann.

Erinnerungen an die Jugend

Das Publikum in der Remchinger Kulturhalle hängt an seinen Lippen und hört aufmerksam zu, wenn Stelter im Plauderton von seinem ersten Besuch in Berlin, Campingurlauben, von seiner Vorliebe für Wein und von seiner Pubertät berichtet. Letztere war übrigens in den 1970er-Jahren. In einer Zeit, in der es noch Dinge wie Kassettenrekorder, „Pril“-Blumen, Klimbim und Bonanza-Räder gab, in der Mädchen noch Hotpants und Jungs noch lange, ungewaschene Haare trugen. Aber die Probleme von Teenagern waren auch vor rund 40 Jahren schon die gleichen – mit einem Unterschied: „Wir mussten damals auch noch scheiße angezogen sein.“

Neugierig bleiben

Stelter gibt zu: Sein Erfolg beim weiblichen Geschlecht hielt sich in engen Grenzen. „Man könnte auch sagen: Ich hatte keinen.“ Plattformen wie Tinder und Elite Partner gab es noch nicht. Zum Glück. Denn mal ganz ehrlich: Wenn 20-mal „die blonde Ische“ über die Mattscheibe flimmert, dann versaut das einem doch jeden Fernsehabend. Stelter fand seine Frau ganz ohne Internet, ist seit 28 Jahren mit ihr verheiratet und schrieb ihr schon „neun bis 13“ Liebeslieder. Was das Geheimnis einer langen und glücklichen Ehe ist, das kann Stelter nicht sagen. Aber er kennt die Grundbedingung dafür: „Man muss neugierig bleiben auf den anderen.“

Immer wieder greift er zur Gitarre und singt mit starker Stimme: über seine Schokolade liebende Frau, alternde Rockstars, die schlimmsten Anmachsprüche, Männer jenseits der 50 und über „Brüll-TV“, in dem sich im Nachmittagsprogramm die Darsteller nur noch anschreien und gegen das nur eines hilft: „Fernbedienung, roter Knopf, tschüss.“

Zu Herzen gehende Lieder

Auch seinen beiden Kindern hat er ein Lied gewidmet. Und seinen Eltern: „Ein Leben lang“ ist ein Stück, das zu Herzen geht. Stelters Texte sind intelligent gemacht, haben Substanz und bringen auch Unbequemes zur Sprache. Begleitet wird er auf der Bühne von seinem zweiköpfigen Kabuff-Orchester: von Tobias Sudhoff am Piano und von Matthias Fleige an der Gitarre. Am Ende des fast dreistündigen Abends bedankt er sich beim Publikum, das ihm durch sein Kommen den Auftritt erst ermöglicht hat: „Darauf bin ich psychisch und finanziell angewiesen.“ Nach tosendem, im Stehen gespendeten Applaus spielt er mehrere Zugaben, kündigt seine Rückkehr nach Remchingen an und schreibt im Foyer so lange Autogramme, bis wirklich jeder eines hat. Stelter ist zwar ein Star. Aber einer, der auf dem Boden geblieben ist.

Autor: Nico Roller