Gemeinden der Region
Enzkreis -  13.08.2020
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Reaktivierung kleiner Schlachthäuser: SPD und FDP geht es um die Wurst

Enzkreis. Schon die vielen Tiertransporter, die nach Birkenfeld zum Schlachtunternehmen Müller Fleisch rollen, machen deutlich, wie die Struktur der Fleischproduktion in der Region aussieht: Das Großunternehmen dominiert. Daneben spielen im Enzkreis 20 Kleinbetriebe absolute Nebenrollen. Fünf von ihnen schlachten ohnehin nicht mehr. In Pforzheim gibt es seit 2010 kein einziges kleines Schlachthaus mehr. Diese Zahlen nennt das Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz um Peter Hauk (CDU) in der Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Erik Schweickert und Hans-Ulrich Rülke. Die Liberalen haben mit der Initiative den Vorstoß der SPD-Kreistagsfraktion unterstützt, die sich mit einstimmiger Rückendeckung des Kreistags für die Reaktivierung kleiner Schlachthäuser einsetzt.

Die Genossen verstehen das auch als Reaktion auf die Infektionsausbrüche in Fleischfabriken wie in Birkenfeld, die ein kritisches Schlaglicht auf die Strukturen in der Branche geworfen haben. Sie begrüßen, dass das Ministerium grundsätzlich zugestehe, dass der Erhalt kleinteiliger Strukturen in der bäuerlichen Tierhaltung und der handwerklichen Fleischgewinnung wichtig sei.

Das genügt der Fraktion aber noch nicht: Kreisrat Andreas Beier, gleichzeitig Obermeister der Fleischerinnung, spricht sich für eine klare Differenzierung zwischen einem Industriebetrieb und einem handwerklichem Kleinbetrieb aus, der nur einmal in der Woche für seine Wurstproduktion schlachtet. Von der Landes- und Bundespolitik erhofft sich die SPD Unterstützung, wenn es darum geht, die entsprechenden Gesetze und Verordnungen in der Praxis unbürokratisch umzusetzen. Hier brauche es klare Handlungsvorgaben seitens der Ministerien, um ein kooperatives Miteinander zwischen Ämtern und Erzeugern zu forcieren.

"Es kommt in entscheidender Weise darauf an, den Verbrauchern klarzumachen, dass die Produkte einen höheren Preis wert sind."

FDP-Politiker Hans-Ulrich Rülke

Kreisrat Matthias Enz nennt als Beispiel die Hoffnung, dass das kommunale Schlachthaus in Wiernsheim-Serres wieder gewerblichen Erzeugern und Landwirten zugänglich gemacht werden kann.

Verbraucherverhalten im Visier

Wie die SPD haben auch die FDP-Politiker Rülke und Schweickert das Verbraucherverhalten im Visier. Das Ministerium führe die starke Konzentration auf einige wenige Großbetriebe vor allem auf den scharfen Wettbewerb im Fleischmarkt zurück. „Es kommt in entscheidender Weise darauf an, den Verbrauchern klarzumachen, dass die Produkte einen höheren Preis wert sind“, so Rülke. Corona habe die Sensibilität dafür vielleicht verstärkt.

Schweickert sagt: „Ich begrüße es, dass das Land Baden-Württemberg Investitionsförderung betreibt, um kleinen Schlachthöfen, Metzgereien oder auch landwirtschaftlichen Betrieben mit dem Wunsch nach Direktvermarktung überhaupt eine reelle Chance zum Einstieg in den umkämpften Markt zu geben.“ Allerdings vermisse er, dass vom Land ein Schwerpunkt auf Kleinbetriebe gelegt werde. Zudem müssten die Veterinärämter den Betrieben die notwendige Flexibilität gewähren und Spielräume im Lebensmittelrecht ausnutzen.

Positive Rückmeldungen von Landwirten, Erzeugern und Bürgern

Dass die Kreisverwaltung angekündigt habe, in Zusammenarbeit mit Fleischerinnung und interessierten Betreibern eine Informationsveranstaltung zu organisieren und Antragsverfahren kleiner Einrichtungen zu unterstützen, loben die Initiatoren. Enz berichtet zudem von durchweg positiven Rückmeldungen von Landwirten, Erzeugern und Bürgern.