Schmuckgestalter-Paar aus Pforzheim: Die Liebe des Lebens gefunden
Pforzheim. Über Liebe mit Michaela Thäsler und Norbert Muerrle zu reden, scheint gar nicht so einfach. Über Kunst geht es besser, da wird man sich schneller einig, da lässt sich vieles präzise formulieren, da ist man sozusagen auf einer Linie – auch wenn ihre Arbeiten durchaus unterschiedlich sind. Vielleicht liegt es aber nur daran, dass das Wort Liebe bei den beiden keine flirrende Leichtigkeit besitzt, sondern sich in eine verbindende Energie zwischen zwei Menschen verwandelt. Wobei es auch bei ihrer Arbeit als Schmuckgestalter um Energien geht – sollten Kunst und Liebe etwas gemeinsam haben? Vielleicht die Kompromisslosigkeit im Echten, Wahren?
Komplizierter Anfang
Wir sitzen an einem Frühlingstag vor dem Kaminfeuer im Kunstraum Belrem 8 in Weißenstein. Draußen ist es kühl, drinnen lassen die brennenden Holzscheite und das Thema eine knisternde Wärme entstehen. Es geht um das vermeintlich Einfache, das zwei Menschen zusammenführt, das sich aber nur zu oft als wenig selbstverständlich, sondern als kompliziert erweist. Das Einfache sei das Schwierigste, wird Norbert Muerrle noch öfter sagen. Und auch, dass das Einfache das Größte sei. Das bezieht er auf die Kunst. Dem Fehler, die Liebe für einfach zu halten, sind die beiden nie unterlegen. Dazu war der Anfang zu kompliziert. Doch irgendwann war sie einfach da – die Liebe. Jetzt hieß es, damit umzugehen.
Es ist ganz offensichtlich gewöhnungsbedürftig, dass man mit einem solchen Gespräch so öffentlich wird. Da schauen sie sich an und versuchen, eine gemeinsame Definition der Erkenntnis wahrzunehmen. Er sagt: „Liebe ist geben, geben, geben“. Aber immer nur geben? „Nein, da muss etwas zurückkommen, sonst wird man zur Mutter Theresa.“ Er lehnt sich zurück, wartet ein paar Sekunden und lacht. An was erinnern die beiden?
Kein festgelegtes Rollenverhalten
Das Bild ist sofort da: Jene schnauzbärtigen, unsentimentalen Western-Kerle mit dem rauen Charme, hinter dem sich die Suche nach echten Gefühlen und nach Wahrheit versteckt. Und sie mit ihrem zarten ausdrucksvollen Gesicht – ein bisschen Claudia Cardinale mit Moricone-Musik. Sehr weiblich, bereit nachzugeben, manchmal schon einen Schritt voraus in der Rücksichtnahme. Aber auch selbstbehauptend und selbstbewusst. Und hin und wieder legt sie eine Ironie an den Tag, die Kritik enthalten könnte. „Bei dir finde ich Nachgeben nicht“, lächelt sie einen der möglichen Ansatzpunkte weg. Und wer würde schon mit einem amüsierten Schulterzucken davon berichten, dass der Mann den von ihr entworfenen Ehering, der hauchfein an ihrem Finger glänzt, zum zweiten Mal verlegt oder verloren hat? „Dann mach ich ihn jetzt zum dritten Mal“ – es braucht, so hat man den Eindruck, eine starke Frau, um mit diesem eigensinnigen, energiegeladenen, von einem beeindruckenden Leben geprägten Menschen umzugehen. Dennoch – ein festgelegtes Rollenverhalten sucht man bei den beiden vergeblich. Jetzt ist es an ihm, zu lächeln: „Ela sagt manchmal, ich sei sehr weiblich.“ Das bedeute, man glaubt es kaum: „Ein bisschen zickig.“
Liebe ist? Es geht ja nicht um Theorie. Es geht um die eigene Geschichte, die Theorien nicht standhalten wird, weil sie mit ihren sehr spezifischen Gefühlen biegsam und zerbrechlich ist. Seit zehn Jahren sind die beiden zusammen. Man lernte sich kennen, da war sie anderweitig gebunden. „Das kann nicht sein“, habe er sich damals gesagt und einen Abgrund von zwei Jahren zwischen sie gelegt. Danach sah er seine Ela, wie er sie zärtlich nennt, plötzlich wieder. Sie lebte in Trennung und alles war klar: „Wir haben uns einfach an die Hand genommen und den ganzen Abend nicht mehr losgelassen“.
„Es war ein völliger Neuanfang.“
Norbert Muerrle
Lust am gemeinsamen Arbeiten
Was dann kam? Es ist ein Satz, der einen kurz die Luft anhalten lässt. „Ich hatte endlich die Liebe meines Lebens gefunden“, sagt er, der schon einige Umwege hinter sich hatte, ohne jede romantisierende Attitüde. 2017 wurde geheiratet: „Es war ein völliger Neuanfang.“ Auch für sie. Ein Wagnis, klar – „alle rieten mir ab“. Aber sie war sich sicher, und sie war fasziniert „von seinen Gedanken, seinem Blick auf die Welt“. Von seiner Direktheit, seiner Ehrlichkeit und Impulsivität, seiner Freude an Veränderungen. Und von seiner Lust am gemeinsamen Arbeiten, das dennoch eigene Wege geht. Der Schaffensdrang ist kaum zu stoppen. „So was richtig Normales bin ich nicht“, bringt er die Typisierung auf den Punkt und schaut seine Michaela an. In deren manchmal eher scheuen Auftritt tritt Entschlossenheit: „Das stimmt.“ 20 Jahre Altersunterschied trennen die beiden – man merkt es kaum. „Wir kommen klar damit“, ist die einhellige Meinung. Obwohl, irgendwo in dieser Lebensanschauung steckt ein kleiner Stolperstein: „Man ist schon manchmal auf rauer See. Das muss man überstehen.“
Wahrhaftigkeit ist wichtig
Vor allen Dingen mit Wahrhaftigkeit. Mit Wahrheiten, die die subjektiven Versionen vermeiden, auch wenn das in dem einen oder anderen Punkt kräftig zu schaffen macht. „Das haben wir abgemacht“, sagt er. „Immer wieder“, sagt sie und lacht. Und wird plötzlich ernst: „Wahrheit kann ich verkraften, Lügen nicht.“ Und noch etwas hat sie als grundlegend erkannt: „Man kann den anderen nur so lieben, wie er ist. Liebe ist etwas Schönes. Manchmal denke ich, ich platze, wenn ich jetzt nicht sage: Ich liebe Dich.“