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Schömberg -  20.06.2021
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Schömberg bietet Kultur und Kritik eine Bühne - Kabarettist nimmt Pandemie aufs Korn

Schömberg. Lange ersehnt, jetzt endlich möglich: Der Schömberger Verein Kaffee-Gässle konnte wegen der geltenden Vorschriften zwar nicht in seine angestammte Spielstätte. Mehr Raum für Abstand und damit eine Startmöglichkeit für Kulturveranstaltungen nach acht Monaten Pause bot der Kursaal – auch wenn der Kabarettist HG. Butzko unter den opulenten Kronleuchtern eine Welt entwarf, die nicht zu den edel strahlenden Glaspräziosen passen wollte.

Kabarettisten widmen sich dem aktuellen Geschehen und ergehen sich nicht in nostalgischen Erinnerungen oder weichen auf abgeschwächte Themen aus. Aber dass HG. Butzko den hungrigen Zuschauern das Kulturbutterbrot erneut mit Coronapaste bestrich, verdarb manchem vielleicht doch den Appetit unter der Maske.

Das, was sich den Menschen über die vergangenen Monate ins Hirn geschraubt hatte und was man gerne für einen Moment vergessen wollte, holte Butzko wieder hervor. Nicht viel Neues, möchte man sagen, etwas anders serviert und vielleicht ein bisschen schärfer gewürzt.

Protest als Allgemeingut

Kabarettisten haben es gegenwärtig schwer. Von zahllosen Comedians und denen, die sich dafür halten, in eine Nische gedrängt, setzt ihnen auch das zum Allgemeingut gewordene Kritisieren und Protestieren zu. Keine Sonderstellung mehr für Denker – auch wenn das verbreitete Unvermögen, über sich selbst und die eigenen Bedürfnisse hinaus zu sehen, immer noch Spielraum lässt.

Aber es war vorhersehbar, was HG. Butzko mit moderater Schärfe erneut ins Blickfeld rückte. In der Szene gilt der Mann als Vertreter einer mit schnoddrigen Gags verpackten pointierten Nachdenklichkeit.

So nachdenklich waren wir doch alle, dass wir nicht an den erhöhten IQ unserer Politiker in der Pandemie glaubten. Dass wir die teils konträren Verordnungen als Ausdruck der Hilflosigkeit, dass wir Fehler und Versäumnisse sahen. Und den laut Butzko „auf Alarmmodus polierten“ Virologen Christian Drosten hielten wir doch nicht für das Sprachrohr reiner Wissenschafts-Erkenntnis.

Harsche Kritik an Jens Spahn

"Sargdeckelklappern gehört zum Handwerk" kann man an den Pranger stellen – aber man kann es auch als massive Warnung für Menschen betrachten, denen Vorsicht nicht anders beizubringen ist. Wem es genützt hat? Auf alle Fälle den Klopapierherstellern, findet Butzko, nicht ohne den Bundes-Gesundheits-Jens noch besonders aufs Korn zu nehmen: Der könne alles nicht, noch nicht mal schämen für das, was er nicht kann.

Da geht Butzkos Kritik beim rationalisierten und Gewinn maximierten Gesundheitssystem schon tiefer. Und weil's anschaulicher wird, wenn man Persönliches einbezieht, schildert er seinen Leidensweg bei der Reparatur eines menschlichen Ersatzteils in einer Berliner Klinik und seine Erfahrungen mit den "Weißkittel-Alpha-Rüden" und anderen offenbar unvernetzten Krankenhaus-Mitarbeitern.

Der Bilanz, die Butzko zieht, kann man kaum widersprechen: So geht es nicht – schön, wenn das zu den Erkenntnissen der Pandemie gehört.

Autor: Gabriele Meyer