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Pforzheim -  18.12.2025
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Schülerbetreuung: Rechtsanspruch stellt die Stadt Pforzheim vor große Hürden

Pforzheim. Ab Sommer können Eltern von Erstklässlern die ganztägige Betreuung ihrer Kinder einklagen. Es gibt aber bei weitem nicht genügend Plätze. Die zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung bemühen sich nach Kräften um praktikable und gerechte Lösungen. Die gibt es nicht zum Nulltarif, weder für die Stadt noch für die Eltern. Klassische Ganztagsschulen sind die günstigere Variante, es gibt sie aber kaum – noch.

Ganztagesbetreuung Grundschulen
Knifflige Aufgabe: Der Amtsleiter des Jugend- und Sozialamts Joachim Hülsmann (Mitte) und die Leiterin des Amts für Bildung und Sport, Claudia Schlütter, rechnen den Bedarf und die Finanzierung vor. Foto: Meyer

Neun Monate vor dem Start gehen die zuständigen Amtsleiter in der Stadt Pforzheim davon aus, dass rund 100 Kinder mehr angemeldet werden könnten, als es Plätze gibt. Wie viele Plätze genau fehlen werden, steht erst nach der Anmeldung fest – die Frist beginnt am 1. Januar und endet am 15. März. Vor allem die Raumknappheit bremse einen schnellen Ausbau der Schulkindbetreuung, sagt Claudia Schlütter, Leiterin des städtischen Amts für Bildung und Sport. Und schon das, was die Stadt kurzfristig tun kann, wird das Rathaus für die kommenden fünf Jahre rund 2,5 Millionen Euro kosten – Geld, um dessen Bezuschussung die Kommunen mit dem Land hart verhandeln.

Was der Rechtsanspruch besagt:

Grundsätzlich hat ab kommendem Schuljahr jedes Kind, das eine erste Klasse besucht, den einklagbaren Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung. Bislang galt das nur bedingt – etwa bei Berufstätigkeit der Eltern. Der Anspruch umfasst 40 Wochenstunden – je acht Stunden an den fünf Tagen von Montag bis Freitag. „Da zählt die Unterrichtszeit dazu, und es gibt keinen Anspruch auf bestimmte Zeiten“, sagt Joachim Hülsmann, Leiter des Jugend- und Sozialamts. Der Anspruch gelte auch in Ferien, wie bei den Kitas. Nur vier Wochen im Jahr sind ausgenommen. Und: Der Anspruch wächst mit – ab dem Schuljahr 2027/28 gilt er ebenfalls für die Kinder, die aus der ersten in die zweite Klasse kommen, das Jahr darauf auch für Drittklässler und 2029/30 für alle Grundschüler.

Welcher Bedarf besteht: In Pforzheim gibt es rund 5000 Grundschüler, davon rund 1200 Erstklässler. Claudia Schlütter erwartet etwa diese Größenordnung auch fürs nächste Schuljahr. 2100 Ganztagsbetreuungsplätze gibt es bislang, damit liegt die Betreuungsquote bei knapp 45 Prozent. Steigt sie mit dem Rechtsanspruch für die Erstklässler wie landesweiten Erhebungen zufolge zu erwarten auf 64 Prozent, also um 19 Prozentpunkte, entspricht dies einer Zunahme um rund 240 Schüler. „100 bis 150 Plätze werden wir in den nächsten Jahren schaffen können, es werden definitiv Plätze fehlen“, sagt Schlütter.

Wer zum Zuge kommt:

„Wer jetzt einen Platz hat, wird ihn behalten“, sagt Hülsmann. Das gelte für alle Grundschüler – um Verlässlichkeit zu schaffen. Dieser Gedanke gilt auch künftig beim Übergang von der ersten in die zweite Klasse: Wer zum Zuge kam, tut dies weiter. Dies sei vom Kind her gedacht – je jünger sie seien, umso unabdingbarer eine Betreuung, sagt Hülsmann. So werden auch Drittklässler gegenüber Viertklässlern privilegiert. Von der Elternseite her werden Erwerbstätige mit mehr als 50 Prozent je Elternteil bevorzugt, am stärksten erwerbstätige Alleinerziehende.

Welche Angebote es gibt:

Zum einen gibt es die zwei Ganztagsgrundschulen Brötzinger Schule und Nordstadtschule mit 400 Plätzen, bei denen der Großteil des Ganztagsanspruchs durch den Unterricht und nur ein kleinerer Teil über Betreuung abgedeckt wird. Zum zweiten gibt es an den weiteren Schulen die Horte, Kernzeit- und Schulkindbetreuungen, die zum „Pforzheimer Modell“ weiterentwickelt werden und derzeit 1700 Betreuungsplätze bieten, darunter freie Horte. Auch Kindertagespflege etwa bei Tageseltern in deren Räumen ist denkbar. Anders als bei Kitas, ist in der Schulkindbetreuung keine Fachpersonalquote vorgeschrieben. Der Fachkräftemangel schlägt sich hier weniger nieder als fehlende Räume.

Was dies die Eltern kostet:

Der Elternbeitrag für die Ganztagsbetreuung in Horten beziehungsweise dem „Pforzheimer Modell“ errechnet sich, analog zu den Kitas, nach dem gewählten Betreuungsmodul, dem Einkommen der Eltern und der Zahl ihrer Kinder. Er liegt maximal bei 215 Euro bei Inanspruchnahme der vollen Zeit bis 17 Uhr. An den Ganztagsschulen mit ergänzender Betreuung beträgt er 134 Euro, weil dort von der gebührenfreien Unterrichtszeit mehr abgedeckt wird. Es ist Eltern möglich, den Schulbezirk zu wechseln, so dass ihr Kind beispielsweise eine der zwei Ganztagsschulen besucht, sofern Kapazitäten frei sind.

Wie es weitergeht:

Nach Anmeldeschluss erfolgt eine Bestandsaufnahme der vorhandenen und der fehlenden Plätze, die sich erst dann exakt beziffern lässt. Auch auf dieser Grundlage erfolgen Verteilungen und Ausbauplanungen. Perspektivisch könnte das Defizit gemildert werden, indem die Planungen für Ganztagsschulen an der Insel-, der Osterfeld- und der Südstadtschule realisiert werden.

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