Senioren in der Region um ihr Hab und Gut gebracht: Staatsanwalt fordert fünf Jahre Haft für falschen Polizisten
Enzkreis/Pforzheim. Fünf Jahre Unterbringung in einer Erziehungsanstalt forderte Staatsanwalt Lars Jaklin für einen falschen Polizisten, der Senioren um ihr Hab und Gut und vor allem um ihr Erspartes brachte.
Die Verteidigung konnte sich in großen Teilen der Staatsanwaltschaft anschließen, wollte allerdings das Geständnis des Mannes mit russlanddeutschen Wurzeln höher gewichtet haben und überlässt das Urteil nun der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe am Amtsgericht Pforzheim. Dieses wird der Vorsitzende Richter Andreas Heidrich am Dienstag, 23. Dezember, um 10 Uhr sprechen.
Dann hat der Angeklagte, der betäubungsmittelsüchtig ist, auch das letzte Wort. Angeklagt ist der Mann wegen gewerblichen Bandenbetrugs in mehreren Fällen.
Obendrein war der Angeklagte bei seiner Verhaftung im Besitz einer Waffe. Ein Tatbestand, der noch hinzukommt. Die Opferberichte der Senioren, die das Gericht am Mittwoch verlas, waren schockierend.
185.000 Euro zurückgefordert
Die älteren Damen übergaben dem falschen Polizisten zwischen 5000 und 80.000 Euro. Insgesamt kommen rund 185.000 Euro zusammen, die Jaklin als Wertersatz zurückfordert. „Sie haben das Leben der Senioren zum Schlechteren verändert, deren letzte Lebensjahre erheblich verschlechtert“, betonte der Staatsanwalt. „Die Taten treffen die schwächsten Menschen in unserer Gesellschaft“, unterstrich auch Rechtsanwältin Andrea Combé. Aber auch ihr Mandant sei bis ins Mark getroffen. Die Folgen hätte er sich so nicht vorgestellt. Und diese sind den Opferberichten zufolge für die teilweise hochbetagten Herrschaften gravierend. Eine Dame musste sich sogar von der eigenen Wohnung verabschieden, kam nach der Betrugsmasche in eine betreute Pflegeeinrichtung.
Andere werden von Ängsten und Alpträumen geplagt, müssen Beruhigungsmittel nehmen und haben nichts mehr von ihrem Erspartem übrig. Sie sind auf finanzielle Unterstützung ihrer Familien angewiesen, haben kein Geld mehr für Geschenke für Enkel oder Urenkel.
Andere haben sich aus Scham völlig zurückgezogen, sind still und wortkarg geworden, schämen sich vor der Verwandtschaft und vor Nachbarn, dass sie dem falschen Polizisten auf den Leim gegangen sind und ihm vertraut haben. Sehr anrührend auch die Situation einer Seniorin, die dem falschen Polizeibeamten, der als Abholer diente, den Ehering ihres verstorbenen Mannes aushändigte und nun sehr unter dem Verlust des liebgewonnenen Erinnerungsstücks emotional leidet.
Auf die Schliche kam die echte Polizei ihrem falschen Kollegen, weil dieser – ohne es zu ahnen - mit seiner Masche an eine echte Kripobeamtin aus dem Enzkreis geriet und diese das falsche Spiel ihres vermeintlichen Kollegen schnell durchschaute und Alarm schlug (die PZ berichtete).
Denn die Beamtin beschäftigt sich beruflich exakt mit jener Betrugsmasche. So flogen schließlich viele weitere Betrugsfälle von Stuttgart bis Baden-Baden auf. Auch der versuchte gewerbliche Bandenbetrug an der echten Polizeibeamtin aus dem Enzkreis berücksichtigt das geforderte Strafmaß von Staatsanwalt Lars Jaklin.
