Sirius-Quartett spielt spannende Arrangements und Eigenkompositionen von Tina Turner bis Dvorák-Zitaten
Tiefenbronn-Mühlhausen. Das ungewohnte, auch aggressiv aufschäumende Klangfeuerwerk lässt die meist reiferen Jahrgängen zuzuordnenden 40 Konzertbesucheaufhorchen. Gregor Hübner, der mit dem New Yorker Sirius Quartett bei seinem befreundeten ehemaligen Musikhochschullehrer Gerhard Voss in dessen Mühlhausener Musikgalerie gastiert, leitet eben kein klassisches Streichquartett. Obwohl traditionell besetzt, ist das improvisationsfreudige Ensemble mit seinem erfrischenden Repertoire Protagonist moderner Crossover-Musik.
Klassik-Anleihen, Balkanfolklore, aber auch Jazz und Popmusik haben in die Arrangements und Eigenkompositionen der vier Streicher – neben dem Geiger Gregor Hübner noch Fung Chern Hwei (Violine), Ron Lawrence (Viola) und Jeremy Harman (Cello) – Eingang gefunden. Eröffnet wird das Galerie-Konzert mit Harmans „Paths Become Lines“, einem dissonanten Musikstück, in dem zerstückelte Melodie-Fragmente von einem zum anderen Instrument überspringen und allmählich im jazzigen Sound zur Einheit finden. Das folgende Streichquartett-Arrangement Hübners zu „I Can’t Stand The Rain“ lässt den populären Tina-Turner-Song im rhythmisch akzentuierten Pizzikato-Chaos untergehen. Fung Chern Hweis Komposition mit dem gälischen Titelwort „Ceili“ versucht mit Bratschen- und Geigen-Gesängen, die zu Zupforgien des Cellos geboten werden, Party-Stimmung einzufangen, endet aber erschöpft meditativ.
Doch die Musik wird auch politisch: Die Auftragskomposition mit dem Titel „A New World“, die Hübner kurz nach Trumps Wahl zum US-Präsidenten fertigstellte, geht mit Antonín Dvoráks Sinfonie „Aus der neuen Welt“ ziemlich befremdlich um. Lärmende Misstöne und wildes Streicher-Gewirbel funken zwischen die Sinfonie-Zitate. Denn Hübner war damals, wie er moderierend ausführt, „frustriert und sehr böse“. Ähnliches kann man aus seinem Rassismus und Fremdenfeindlichkeit anklagenden Arrangement zu Billie Holidays „Strange Fruit“ heraushören.
Nach der Pause gibt es noch ein Purcell-Project, basierend auf Musikvorlagen des berühmten Engländers. Außerdem präsentiert das Sirius Quartett aus Hübners „New York Suite“ den von bedrückend glissandierenden Klangschleifen geprägten Satz „Ground Zero“ und die mit temperamentvoll hart gestoßenen Violin-Doppelgriffen umspielte Beatles-Nummer „Eleanor Rigby“. Den kürzlich erfolgten Machtwechsel in Hweis Heimat Malaysia kommentiert dieser mit seiner Komposition „To A New Day“, und Harman begrüßte die Geburt seines Sohnes mit dem Stück „More Than We Are“.
Die arrangierte Wiedergabe der von Stanley Myers „Cavatina“ aus dem Antikriegsfilm „The Deer Hunter“ sorgt für einen klangschönen Abschluss.
