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Tiere -  01.09.2019
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So kann jeder zum Bienenretter werden: In zehn Schritten zum Insektenhotel

Straubenhardt-Ottenhausen. Ganz Deutschland redet vom Bienensterben. Viele Bürgerbewegungen machen den Politikern Druck, zu handeln und etwas für den Naturschutz zu tun. Auch in Ottenhausen wird es laut um die fleißigen Bestäuber – aber weniger mit Demonstrationen, als mit Hammer, Bohrer und Schleifpapier. So entstehen Insektenhotels.

Vom bloßen Holz zum fertigen Haus: Während hinten an der Fronberg-Hütte gewerkelt wird, präsentieren Clara Zimmermann (von links), Lara Treiber, Nele Zendler und Anne Treiber die Fortschritte beim Bau der Insektenhotels.
Vom bloßen Holz zum fertigen Haus: Während hinten an der Fronberg-Hütte gewerkelt wird, präsentieren Clara Zimmermann (von links), Lara Treiber, Nele Zendler und Anne Treiber die Fortschritte beim Bau der Insektenhotels. Foto: Hegel

In der Fronberg-Hütte des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) klingt es wie in einer Schreinerei, wenn 25 Kinder aus Holz und Schilf Insektenhotels bauen. Zuhause aufgehängt, schaffen sie so Brutstätten für Wildbienen – und lernen spielerisch den Umgang mit Werkzeug. Dem Beispiel könne jeder folgen, sagt OGV-Vorsitzender Jürgen Treiber, denn der Bau der hölzernen Tierherbergen ist tatsächlich kinderleicht. „Heimatstark“ hat den jungen Heimwerkern über die Schulter geschaut.

1. Die Holzbretter aus Fichtenholz hat Jürgen Treiber zusammen mit seiner Frau Silke und den Töchtern Mia und Lara schon Tage zuvor auf die richtige Länge gesägt.

2. Jetzt müssen die Kinder dem Holz den öletzten Schliff geben. Dadurch wird es besser vor der Witterung geschützt, denn lasiert oder lackiert wird es nicht. Der Trick: das Schleifpapier mit einem Nagel an einem Stück Holz befestigen.

3. Hau drauf! Der kleine Paul Zimmermann weiß, wie man richtig mit einem Hammer umgeht.

4. Mit Nägeln und Schrauben werden die Bretter fixiert. Wenn Jürgen Treiber den Kleinen beim Umgang mit Bohrer und Hammer über die Schulter guckt, merkt er sofort, welche Eltern zuhause selbst Hobby-Heimwerker sind. „Das hat nämlich nichts damit zu tun, ob es Jungen oder Mädchen sind, sondern nur, ob die zuhause schon mal was geschafft haben“, erklärt der OGV-Vorsitzende.

5. Beim Zusammensetzen legt auch Bürgermeister Helge Viehweg auf seiner Stippvisite kräftig Hand an. Wichtig ist die Rückwand, die später den Insekten-Unterschlupf vor Durchzug schützt.

6. Auch OGV-Mitglied Frank Genssle aus Ottenhausen hilft mit und erklärt den Kindern den richtigen Umgang mit dem Akku-Bohrer. Damit werden die zwei Blöcke im Gehäuse fixiert.

7. Wichtig ist, dass man Hartholz verwendet. „Weiches Holz wie Fichte würde beim Bohren ausfranzen“, erklärt Treiber, „daran machen sich die Tiere dann die Flügel kaputt und sterben.“ Ungefähr acht Zentimeter sollten die Löcher tief sein. In Deutschland gibt es 550 Wildbienenarten unterschiedlicher Größe. Deshalb macht es Sinn, kleinere und größere Löcher zu bohren.

8. Ein bisschen Abwechslung tut den Kleinsttierchen ganz gut. Deshalb macht sich Silke Treiber an die kleinteilige Arbeit, eine Schilfrohrmatte in ihre Einzelteile zu zerlegen.

9. Die sechsjährige Lara und Schwester Mia Treiber schneiden in Akkordarbeit die Rohre in acht Zentimeter lange Stücke, damit sie ins Häuschen passen.

10. Anschließend werden sie über dem Holzblock ebenfalls im Gehäuse verbaut. „Die Rohre sind schön glatt und deshalb optimal für die Tiere“, sagt Jürgen Treiber. Zum Schluss wird noch mit den Händen Naturlehm unter den Dachgiebel gepresst, um den Tieren einen möglichst naturnahen Unterschlupf zu bieten. Als Regenschutz wird oben drauf mit Nägeln ein Stück Bitumen-Dachpappe befestigt. Die Kosten für das fertige Haus schätzt Treiber auf zehn bis zwölf Euro.

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Ersatz für fehlenden Lebensraum

Die Insekten, zum Beispiel Wildbienen, finden immer weniger Lebensraum. „Es liegt immer weniger Totholz herum“, sagt Hobby-Imker und Neu-Mitglied im OGV Frank Genssle. Ein Insektenhotel kann da Abhilfe schaffen – vor allem, wenn es unterschiedlich große Löcher für den Unterschlupf bietet. „Es gibt 550 Wildbienenarten, manche sind größer und manche kleiner“, erklärt Genssle. Aber auch andere Insekten wie Hummeln, Schmetterlinge und Florfliegen können dort ihren Nachwuchs ausbrüten. Sie alle sind wichtig, um Blumen, Obst- und Gemüsepflanzen zu bestäuben und den Schädlingsbefall natürlich zu regulieren.

Seit zwei Jahren steht das Bienenvolk des Ottenhäuserner Genssle in der nahen Umgebung – nicht der beste Standort zur Zeit. „Durch die Landwirtschaft gibt es viel zu wenige Blumen.“ Umso wichtiger sei es, die Wildbienen zu unterstützen. Die Vielfalt der Insekten, die ins Hotel einziehen können, bietet auch für Vögel eine bessere Nahrungsquelle. So zieht das eigene Insektenhotel Marke Eigenbau im Garten auch Tiere für Menschen an, die nicht die größten Insektenfans sind.

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Der OGV Ottenhausen: Verein für Naturliebhaber

Zum ersten Mal hat der OGV Ottenhausen so ein handwerkliches Projekt im Rahmen des Ferienprogramms in der Fronberg-Hütte, die der Verein vor einigen Jahren gebaut hat, veranstaltet. „Wir wollten den Kindern etwas bieten“, sagt der Vorsitzende Jürgen Treiber. Im letzten Jahr ging es bergauf mit dem OGV, erzählt er. Zehn junge Familien seien eingetreten – die Mitgliederzahl hat die Hunderter-Marke geknackt. Hinzu kamen engagierte Mitglieder wie Frank Genssle, der auch etwas für den Naturschutz machen will. Dieser könne sich in Zukunft vorstellen, in einem Projekt eine Blumenwiese anzulegen. „Wir haben hier oben eine große Obstanlage“, sagt Treiber, „ohne Bienen geht hier nichts.“

Autor: Constantin Hegel