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Bad Wildbad -  13.10.2022
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Spannende Auswanderergeschichte: Sieben Amerikaner suchen Wurzeln im Nordschwarzwald

Bad Wildbad-Meistern. Sieben Amerikaner aus dem Mittleren Westen der USA, aus Indiana und Kentucky, alle mit dem Namen Hartman (nur noch mit einem „n“ am Schluss), waren in den Nordschwarzwald gereist, um die Heimat der Vorfahren und ein wenig die Geschichte kennenzulernen. Ihre Reise führte sie auch nach Meistern und Bad Wildbad. Im Jahr 1852 war die zwei Jahre zuvor verwitwete Anna Hartmann geborene Roller mit acht Kindern in die USA ausgewandert, darunter der damals neunjährige „Urvater“ der Besucher, Frederick Hartmann, der in seinem Geburtsort Meistern noch Friedrich hieß.

Auch in Bad Wildbad sieht sich die Besuchergruppe aus den USA um und lässt sich vergnügt am Rossini-Denkmal ablichten.
Auch in Bad Wildbad sieht sich die Besuchergruppe aus den USA um und lässt sich vergnügt am Rossini-Denkmal ablichten. Foto: Schabert

Als „Spurensucher“ und Reiseorganisator hatte Wolfgang Grams aus Oldenburg zur Familie und Historie geforscht. Der Aufenthaltsort war bewusst ausgesucht, denn bis 1850 umfasste das „Ämtlein Neuweiler“ – das einer heutigen Gemeinde gleichzusetzen ist – neben anderen Dörfern auch die Bergorte Aichelberg, Hünerberg und Meistern. Dann wurden diese mit ihren damals 250 Einwohnern der großen Entfernung wegen und dank des aus Wäldern resultierenden Reichtums zur selbstständigen Gemeinde Bergorte erklärt, die ab 1938 den Namen Aichelberg trug. Diese schloss sich in der Zeit der großen Gemeindereform in Baden-Württemberg 1974 der Stadt Wildbad an. So wurden die Dörfer zu Stadtteilen.

Diese Informationen vom Kreisgeschichtsverein Calw (KGV), saugten die Besucher förmlich in sich auf. Aber noch beeindruckender war beim Besuch in Meistern, dass der Vorsitzende des KGV, Tobias Roller aus Hünerberg, sie zu dem – im Wohnteil allerdings erneuerten – Haus der Vorfahren führen konnte. Recherchen zur familiären Herkunft hatten zu dem Anwesen geführt, bei dem man bis heute gebräuchlich von den „Anwalts“ spricht. Bewohnt wird dieses gegenwärtig von einem Großcousin von Tobias Roller und dessen Familie. Der KGV-Chef traf praktisch auf – wenn auch entfernte – Verwandte aus den USA.

Dem vor allem aus den Kirchenbüchern entwickelten Ortssippenbuch Neuweiler konnte entnommen werden, dass der Hausname „Anwalts“ wohl auf den 1876 in Meistern geborenen Hofbauer Johann Georg Roller, den Großvater mütterlicherseits von Frederick Hartmann zurückgeht. Bei den Daten des 1860 Verstorbenen ist vermerkt: „Anwalt und Kirchenältester“. Mit heutigen Worten ausgedrückt würde dies dem Ortsvorsteher des Dorfes einer größeren Kommune und Kirchengemeinderat entsprechen.

Johann Georg Rollers Heirat mit Anna Maria, einer geborenen Roller aus Hofstett, erfolgte 1796 in Neuweiler. Zu diesem Kirchspiel gehörte Meistern bis 1907. Die früheren Roller-Vorfahren von beiden Eheleuten sind bis ins 17. Jahrhundert in Hofstett zurückzuverfolgen, wo gemeinsame Ureltern zu entdecken sind.

Der Vater von Frederick Hartmann, der zwei Jahre vor der Auswanderung verstorbene Johann Martin Hartmann, ist ebenfalls als „Hofbauer in Meistern“ in den alten Unterlagen vermerkt. Die weiteren Vorfahren der namengebenden Hartmann-Seite stammten allerdings fast durchweg aus Zwerenberg, wo sie bis zurück ins 17. Jahrhundert ebenfalls als „Hofbauern“ bezeichnet sind.

Großes Interesse zeigten die Besucher aus Amerika bei Führungen im Heimatmuseum Neuweiler durch Marianne Noe, im Flößermuseum Calmbach durch Hannelore Treiber und bei Dorf- und Hofbesichtigungen in Zwerenberg, wo sie von Margret und Richard Bauschert betreut wurden. Auch eine Führung in Bad Wildbad ließen sie sich nicht entgehen.

Die Reise, die in Freiburg und dem Südschwarzwald die Spur zu familiären Verbindungen zur aus Titisee-Neustadt stammenden Frau von Frederick Hartmann aufnehmend begann, führt weiter nach Sommerhausen bei Würzburg und endet in München. Sommerhausen interessiert die Gruppe, weil von dort 1681 mit dem 30-jährigen Franz Daniel Pastorius der erste Auswanderer in die USA kam. Er war in Amerika Schriftsteller und Privatgelehrter. Auf einem Gemälde im Kapitol in Washington ist er bis heute kniend vor Indianern zu sehen.

Autor: Hans Schabert