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Ispringen -  01.06.2018
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Streit ums Gewerbegebiet: 10 städtische Antworten an die Klapfenhardt-Schützer im Wortlaut

Pforzheim. Wie von BI Nord gefordert, legt Pforzheims Rathaus nun ihre bisherigen Erkenntnisse zum Ochsenwäldle vor, dessen Erschließung die Stadtverwaltung für unrentabel hält. Ihre Gewerbeplanung basiert aber in entscheidenden Punkten weiter auf vagen Prognosen. Hier gibt es die städtische Antwort an die Schützer des Klapfenhardt-Walds im Wortlaut.

Weil die Erschließung des Ochsenwäldles an der A 8-Ausfahrt Süd zu teuer käme, soll das Gebiet Klapfenhardt auf der Wilferdinger Höhe nördlich der Autobahn zum Gewerbegebiet werden: Diese Argumentation der Stadtverwaltung soll ein umfangreiches Informationspaket untermauern, das das Rathaus am Freitag öffentlich gemacht hat. Auf diese Offenlage hatte die Bürgerinitiative (BI) Nord, die um den Erhalt des Klapfenhardt-Walds kämpft, per anwaltlichem Schreiben gedrungen (die PZ berichtete). Das 450 Seiten starke Paket birgt vielfältige Informationen, scheint aber nach erster Durchsicht die entscheidenden Kostenfragen immer noch nicht eindeutig beantworten zu können.

Das Paket umfasst zehn Anlagen. Im Fokus stehen bisherige Erkenntnisse fürs Ochsenwäldle zur artenschutzrechtlichen Bewertung, zur topographischen Lage, zu den notwendigen Erdarbeiten und zu Gesprächen mit dem Regionalverband Nordschwarzwald sowie die von der Stadt bereits veranlassten Gewerbeflächenuntersuchungen, aber insbesondere auch zum aus städtischer Sicht ganz entscheidenden Thema Grunderwerb.

Wiederholt hatte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) öffentlich betont, dass die Erschließung des Ochsenwäldles insgesamt um 50 Millionen Euro teurer käme als jene von Klapfenhardt. Das Ochsenwäldle wäre deshalb schlicht nicht rentabel zu vermarkten. Die bisherigen Angaben, um diese Mehrkosten zu belegen: Rund zehn Millionen Euro teurer soll die aufwendigere Entwässerung sein, weitere zehn Millionen Euro würde nach städtischer Schätzung wohl die Beseitigung der Erddeponie im Ochsenwäldle kosten, die restliche Kostensteigerung ergebe sich aus dem Grunderwerb. In dem Info-Paket jedoch heißt es, in der oben beschriebenen, auf Annahmen beruhenden Kalkulation komme die Stadt „je nach den Umständen auf einen Betrag von bis zu 30 Millionen Euro“ – eine Formulierung, die viel Spielraum lässt.

Informationen und Unterlagen zum Thema Entwässerung will die Stadt erst noch nachreichen. Auch für die Erdarbeiten liegen weiter keine exakten Kostenangaben vor. Die Stadt hatte bereits zuvor von „mindestens neun Millionen Euro“ gesprochen, die allerdings ebenfalls eine „Annahme“ seien.

Angesichts der Fülle der jetzt vorgelegten Informationen sagt deren Sprecher Manfred Pflüger auf PZ-Nachfrage lediglich: „Wir werden das alles nun intensiv prüfen.“

Eine Analyse der Dokumente Sie am Samstag in der „Pforzheimer Zeitung“ oder im E-Paper auf PZ-news oder über die Apps auf iPhone/iPad und Android-Smartphones/Tablet-PCs.

Die BI Nord hatte Auskünfte zu den zehn folgenden Punkten gefordert:

1. Informationen und Unterlagen über Verhandlungen über den Flächenerwerb im Gebiet Ochsenwäldle mit Forst BW bzw. sonstigen öffentlichen Stellen

2. Informationen und Unterlagen über vermeintliche Forderungen von Forst BW bzw. sonstigen öffentlichen Stellen im Hinblick auf etwaige Wald- und Wertausgleichsmaßnahmen in Bezug auf das Gebiet Ochsenwäldle

3. Informationen und Unterlagen zur notwendigen Erdreichsanierung des Gebiets Ochsenwäldle

4. Informationen und Unterlagen zur Entwässerung des Gebiets Ochsenwäldle

5. Informationen und Unterlagen zur geologischen Bewertung des Gebiets Ochsenwäldle

6. Informationen und Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Bewertung des Gebiets Ochsenwäldle

7. Informationen und Unterlagen zur Höhen-Relief-Situation, die Auswirkungen auf die notwendigen Flächeneinebnungen hat

8. Informationen und Unterlagen zu den Gesprächen mit dem Regionalverband Nordschwarzwald insbesondere in Bezug auf allfällige Änderungsansinnen

9. Informationen und Unterlagen zu einer angeblich aufwendigen Ausführungsplanung und Schwierigkeiten bei der Umsetzung in Bezug auf das Gebiet Ochsenwäldle

10. Sämtliche von der Stadt Pforzheim in den letzten zehn Jahren veranlassten Gewerbeflächenuntersuchungen

Die Antwort der Stadtverwaltung an die BI Nord im Wortlaut finden Sie hier:

„Sehr geehrte Frau Stein, sehr geehrte Damen und Herren,

Wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 03.05.2018, eingegangen bei der Stadt Pforzheim am 07.05.2018, in welchem Sie unter Verweis auf das Umweltverwaltungsgesetz Auskunft zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit dem möglichen Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“ begehren. Mit diesem Schreiben erhalten Sie die von Ihnen begehrten Unterlagen und Informationen sowie eine diesbezügliche Kostenentscheidung.

I. Informationsgewährung: Die von Ihnen geforderten Informationen werden Ihnen wie folgt gewährt. Zur Strukturierung der Informationen beziehen wir uns dabei im Folgenden auf Ihre Ziffern unter Teil IV Ihres oben genannten Antrags.

Zu Ziffern 1 und 2: Die Forstdirektion Freiburg hat der Stadt Pforzheim in einem persönlichen Gespräch im Jahr 2016 die Modalitäten für den Kauf der Staatswaldfläche für das mögliche Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“ vorgestellt. Das Land erwartet dabei zunächst einen Naturalausgleich in Waldfläche, d.h. die Stadt Pforzheim hat dem Land Baden-Württemberg für den Verlust der 61 ha an Staatswald 61 ha Stadtwald zu restituieren. Zusätzlich erwartet das Land Baden-Württemberg einen monetären Wertausgleich dafür, dass es sich bei der Fläche, die das Land an die Stadt abtritt, um eine zukünftige Gewerbefläche handelt. Der Berechnung dieses Wertausgleiches legt das Land 30 Prozent des Bodenwertes zugrunde, den die Stadt Pforzheim für den Verkauf des erschlossenen Gewerbegebietes erzielen wird.

Auf Basis dieser durch das Land Baden-Württemberg geäußerten Vorstellung war es uns möglich, in einer ersten Kalkulation Kostenannahmen für den Grunderwerb zu treffen und wir kommen dabei je nach den Umständen auf einen Betrag von bis zu 30 Millionen Euro. Man war sich allerdings mit der Forstdirektion einig, dass konkrete fiskalische Verhandlungen erst dann geführt werden, wenn die Planungen für das mögliche Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“ einen ausreichend konkreten Stand haben. Weitergehende Informationen liegen daher aktuell nicht vor.

Zu Ziffer 3: Wir verweisen auf das beigefügte Gutachten des Büros Gumm vom 20.09.2016 (Anlage 1).

Zu Ziffer 4: Gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 2 UVwG werden wir Ihnen die Informationen und Unterlagen zum Thema Entwässerung nachreichen. Die Entwässerungsstudie des Eigenbetriebs Stadtentwässerung Pforzheim (ESP) ist komplex und beurteilt mehrere Entwässerungsalternativen. Da das bisherige Gutachten nur für den internen Dienstgebrauch des ESP erstellt wurde, bedarf es einer ergänzenden Kommentierung durch den ESP zum besseren Verständnis für Dritte. Dies wird unverzüglich nach Beendigung der Ferienzeit nachgeholt, so dass Ihnen die Informationen innerhalb der gesetzlichen Frist nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 UVwG zugehen werden.

Zu Ziffer 5: Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 UVwG verweisen wir auf das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Freiburg. Dort sind die Informationen zur Geologie zugänglich. In der Schriftenreihe „Hydrogeologische Erkundung von Baden-Württemberg – HGE Enztal Pforzheim Mappe 1-4“ finden sich alle relevanten Informationen zur geologischen Bewertung des möglichen Gewerbegebietes.

Zu Ziffer 6: Wir verweisen auf folgende beigefügte Unterlagen:

Scoping-Papier zur Umweltverträglichkeitsstudie des Büros ö:konzept vom 21.09.2015 (Anlage 2)

Artenschutzgutachten des Büros Stauss & Turni vom 15.09.2017 (Anlage 3)

Untersuchung zum Vorkommen des Nachtkerzenschwärmers und der Spanischen Fahne des Büros ö:konzept (Anlage 4)

Tischvorlage zum forstrechtlichen Ausgleich des Büros ö:konzept vom 22.11.2016 (Anlage 5)

Hinsichtlich der Unterlagen bitten wir zu berücksichtigen, dass es sich jeweils nur um aktuelle Zwischenstände handelt, die sich in der Zukunft ändern können. Insbesondere befindet sich die Erarbeitung des forstrechtlichen Ausgleichs aktuell noch im Fluss, so dass daher diesbezüglich in der Tischvorlage enthaltene Informationen oder vorgeschlagene Maßnahmen ggf. bereits überholt sein können. Weitergehende Informationen liegen aktuell nicht vor.

Zu Ziffer 7: Wir verweisen auf die beigefügten Karten mit Höhenlinien und Geländeschnitte (Anlage 6). [Teil 1: Plan mit Höhenlinien / Teil 2: Geländeschnitte, Anm. d. Red.]

Zu Ziffer 8: In einem Gespräch zwischen dem Regionalverband Nordschwarzwald und der Stadt Pforzheim am 16.01.2018 wurde der aktuelle Stand der Gewerbeflächenentwicklung in Pforzheim und das Ansinnen der Stadt Pforzheim besprochen, anstelle des bisher anvisierten Gebietes „Ochsenwäldle“ das Gebiet „Klapfenhardt“ in den Fokus zu nehmen und hinsichtlich einer Eignung für eine mögliche Gewerbeflächenentwicklung näher zu prüfen. Beide Gebiete greifen in den regionalen Grünzug ein, so dass in beiden Fällen eine Änderung des Regionalplans erforderlich wäre. Seitens des Regionalverbandes wurde das mögliche Verfahren einer Regionalplanänderung im Rahmen der anstehenden Gesamtfortschreibung oder durch ein separates punktuelles Änderungsverfahren dargelegt. Des Weiteren wurde über das Thema interkommunales Gewerbegebiet gesprochen. Die Abstimmung mit dem Regionalverband ist aktuell über die bloße Gesprächsführung noch nicht hinaus gediehen. Weitergehende Informationen liegen daher nicht vor.

Zu Ziffer 9: Wir verweisen auf die beigefügten Karten mit Höhenlinien und Geländeschnitte gemäß Ziffer 7 (Anlage 6, Teil 1 / Teil 2). Hieraus ist ersichtlich, dass es beim möglichen Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“ aufgrund der vorhandenen Erddeponie und der damit zusammenhängenden Reliefstruktur zu einer deutlich aufwendigeren Ausführungsplanung bzw. zu erheblichen Mehrkosten bei der Umsetzung des möglichen Gewerbegebietes kommen kann. Eine konkrete Ausführungsplanung existiert bislang jedoch noch nicht.

Zu Ziffer 10: Wir verweisen auf das beigefügte Gewerbeflächenkonzept der Stadt Pforzheim vom November 2014 (Anlage 7) und auf das Scoping-Papier zur Umweltverträglichkeitsstudie des Büros ö:konzept vom 21.09.2015 (Anlage 2). Im Scoping-Papier (Anlage 2) finden Sie im Anhang unter Ziffer 9 ergänzende Informationen zur Standortanalyse. Diesbezüglich bitten wir Folgendes zu berücksichtigen: Es handelt sich hierbei um die Ergebnisse der Standortanalyse aus dem Jahr 2012 mit Aktualisierungen bis zum Jahr 2015. Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse zum möglichen Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“, die in diesem Umfang bei der Standortanalyse noch nicht bekannt waren, bedarf es heute grundsätzlich einer Neubewertung der damaligen Sichtweise.

Zur Bewertung der Fläche des möglichen Gewerbegebietes „Klapfenhardt“ im oben genannten Anhang des Scoping-Papieres sei ergänzend noch Folgendes angemerkt: Unter dem Kriterium „äußere Entwässerung“ ist dort die Angabe „ungünstig“ enthalten. Hintergrund ist, dass damals bereits bekannt war, dass Teilflächen nicht im freien Gefälle in Richtung des bestehenden Gewerbegebietes „Wilferdinger Höhe“ entwässern können und insgesamt noch unklar war, wie eine Entwässerung unter der Autobahn in Richtung des bestehenden Gewerbegebietes „Wilferdinger Höhe“ konkret erfolgen kann. Aktuell werden die entwässerungstechnischen Aspekte näher untersucht. Im Rahmen der Prüfung einer sinnvollen Gebietsabgrenzung für ein mögliches Gewerbegebiet „Klapfenhardt“ wird auch der Aspekt Entwässerung im freien Gefälle näher beleuchtet. Je nach den Umständen – insbesondere bei einer entsprechenden Gebietsabgrenzung – besteht daher die Möglichkeit, dass bei einer näheren Betrachtung der Aspekt der äußeren Entwässerung nicht mehr als „ungünstig“ einzustufen ist.

II. Gebührenentscheidung: Diese Entscheidung ist gemäß § 33 Abs. 1 und 4 UVwG i. V. m. Anlage 5 zum Umweltverwaltungsgesetz lit. A) Ziffer 1 gebührenfrei.

Autor: Claudius Erb