Gemeinden der Region
Neuhausen -  11.11.2019
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Temporeich, witzig: Der verjüngte Othello in Neuhausen

Neuhausen. Othello, der Mohr von Venedig, zählt zu den großen Tragödien William Shakespeares. Schon zu Lebzeiten des englischen Dramatikers war das vermutlich 1603 oder 1604 uraufgeführte Bühnenwerk ausgesprochen populär. Bewährte Zutaten sind Eifersucht und Liebe, Intrige und Rache, Täuschung und Mord.

Diese Mixtur behält Bernd Lafrenz im Rahmen seiner ureigenen Adaption in der Theaterschachtel zwar bei, er gestaltet sie jedoch als vergnügliche Komödie – und als One-Man-Show. Hierfür spricht er mit den Händen wie ein Bilderbuch-Italiener. Mal spielt er den Florentiner Cassio, dann Desdemona, gleich darauf ihre Zofe Emilia, den Edelmann Roderigo oder den Feldherrn Othello. Mit einem Minimum an Requisiten. Eine abrupte Änderung von Sprache und Tonfall genügt ihm für den behänden Tausch der unterschiedlichen Charaktere.

Auch den augenscheinlich geradewegs aus dem munteren Intriganten-Stadel entliehenen Leutnant Iago – und dessen überaus wortreiche Monologe – trifft Lafrenz präzise und gekonnt. Der Freiburger Vollblut-Komödiant (Jahrgang 1955) vermag große Dramen und Komödien im Alleingang auf die Bühne zu bringen, ohne sie bis zur Unkenntlichkeit gegen den Strich zu bürsten. Ein Markenzeichen ist dabei die wiederkehrende Interaktion mit seinem Publikum.

Sitzreihen umfunktioniert

Auch am Samstag in der ausverkauften Theaterschachtel animiert er die Zuschauer, die Geräuschkulisse für das Bühnengeschehen zu liefern, den Herold lauthals anzukündigen oder eben mal kurz in Ohnmacht zu fallen. Die letztere Bitte richtet er ausschließlich an die Damen im Saal.

Zu ganz großer Form laufen Lafrenz und seine Zuschauer auf, als der Regisseur einige Sitzreihen in einen Ozean umfunktioniert. Etwas blaue Folie mit Kopföffnungen in Fünferreihen, ein, zwei Segel, etwas Takelage, eine Stirnlampe und situativer Spielwitz genügen, um Meer, Flotte und Seegefecht vor Zypern gelungen aufzuführen und um aus Shakespeares dramatischer Vorlage ein schenkelklopfendes Vergnügen zu schmieden. Beifall belohnt den wandlungsfähigen Solisten immer wieder.

Autor: Robin Daniel Frommer