Verkostung im Pforzheimer „Rodensteiner“: Genussvolle Begegnung von Kirche und Whisky
Pforzheim. „Avez-vous Bourbon?“: „Haben Sie Bourbon?“, fragt die amerikanische Millionärin Jessie Stevens im Hitchcock-Klassiker „Über den Dächern von Nizza“ den Barmann auf einer Party.
Eine Reise an die französische Riviera war am Sonntagabend nicht erforderlich, um deutlich exklusivere Vertreter der Spirituose zu verkosten. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Bibel und …“ hatte die ökumenische Citykirche in die Café-Bar „Rodensteiner“ eingeladen. Nach „Bibel und Bier“ sowie „Bibel und Gin“ war nun der Whisky an der Reihe. Manch traditioneller Kirchengänger sieht die Kombination aus Alkohol, Kirche und Bibel als heißes Eisen an.
Pfarrerin Heike Reisner-Baral entgegnet:
„Es geht um Genuss. Auch Jesus war ein Genießer. Er wurde nur von seinen Kritikern als Fresser und Säufer bezeichnet. Im letzten Abendmahl setzt er Wein ein und bringt damit den Vorgeschmack aufs Paradies quasi in die Welt.“
Auch der Theologe und Kirchenrechtler Wolfgang F. Rothe etwa hat in seinem Buch „Das Wasser des Lebens“ den Whisky als „flüssige Predigt“ bezeichnet.
Die „Predigt“ an diesem Abend übernahm Ursula Waters von „The Waters Distillery“ aus Würm. Sie hatte neben den Getränken viele Informationen und Geschichten rund um den edlen Brand und die Arbeit in der kleinen Brennerei dabei. Zur Corona-Zeit hätte die Brauerei Ketterer das Bier, das schon in Fässern für Feste bereitstand, eigentlich wegschütten müssen. Um das nicht zu tun, kam Michael Ketterer auf die Idee, auch eine Art Whisky zu brennen, einen Bierbrand.
Die Gäste im „Rodensteiner“ konnten die Pforzheimer Spezialität exklusiv verkosten. Das Fass wurde erst die letzten Tage geöffnet und auf eine Trinkstärke mit 45 Prozent Alkohol gebracht, zur Verdünnung stand auf den Tischen echtes schottisches Wasser bereit. Tröpfchenweise zugegeben, verändert es den Geschmack um feine Nuancen. Die rauchigen Aromen stammen von der Lagerung im Fass, das mit einer sogenannten mittleren Toastung hergestellt wurde. Fruchtige, florale Noten sind mit dem Hopfen dazu gekommen.
Der zweite Whisky war ein reiner „Single Grain“ aus der Würmer Brennerei, der fünf Jahre Zeit zum Reifen hatte. Waters lagert ihre Erzeugnisse in einem Fass in der Zigarrenform, das maximal 120 Liter Inhalt hat. Erlaubt wären bis zu 250 Liter, dann hat der Inhalt allerdings weniger Kontakt zur Holzoberfläche und kann schlechter atmen. Zum Dessert gab es eine flüssig gefüllte Schokoladenpraline, die gut zum kräftigen Alkohol passte.
Für die musikalische Untermalung des Abends zeigten sich Christian Roch und Ulrich Dörsch vom FolkClub Prisma verantwortlich. Sie hatten schottische und irische Lieder im Programm, Länder in denen der Whisky quasi ein Nationalgetränk ist.
