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Remchingen -  07.01.2020
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Vielfältig, virtuos und ein bisschen verrückt: Amüsantes Neujahrskonzert mit Gabor Vosteen in Remchingen

Remchingen-Wilferdingen. Das Sinfonieorchester Ludwigsburg lässt sich immer etwas einfallen. Vor zwei Jahren jonglierte Artist Martin Mall beim Neujahrskonzert an dessen Seite, dieses Mal treibt Blockflötenvirtuose und Komiker Gabor Vosteen sein Spiel mit den Musikern und Zuschauern in der Kulturhalle Remchingen. Und die sind begeistert.

Schon bald serviert der „Orchesterpraktikant“ im Hausmeisterkittel, der schon beim Einlass das Publikum nach Lust und Laune dirigiert, nicht mehr nur Kaffee. Als Solist bei Telemanns schnellem vierten Satz aus dem Konzert für Blockflöte TWV 51 C-Dur tauscht er sämtliche Albernheiten gegen virtuose Spielfertigkeiten mit einer Note Poesie. Auch bei Johann Strauß’ Polka „Im Krapfenwaldl“ mischt der deutsch-ungarische Stargast mit Sturmfrisur mit, zwitschert mit Kuckucks- und Vogelpfeife munter drauflos. Eigentlich hätte diesen „schwierigen“ Part der vermeintliche Überraschungsgast Professor Dr. Dr. Josef Moser übernehmen sollen, wie Dirigent und Moderator Hermann Dukek zum Spaß ankündigt. Weil der aber wohl in Remscheid sei, muss der Praktikant einspringen. Dass dieser freilich den Violin- und Bassschlüssel lesen und noch viel mehr kann, zeigt Vosteen bei der Zugabe: Auf seiner roten Mini-Flöte gibt er Montis Csardas in rasanter Kurzform. Immer mehr dieser durchsichtigen Flöten holt der hagere, agile Musikclown hervor, jongliert damit, verschluckt und wirft sie scheinbar wie einen Bumerang, benutzt sie sogar als Mordinstrument.

Höhepunkt der Show ist, als der verrückte „Flötenmann“ auf fünf Flöten gleichzeitig Beethovens „schönen Götterfunken“ spielt und dabei leicht verrenkt auf einem Bein steht. Drei davon hat er im Mund, zwei in den Nasenlöchern. Wie das geht? „Man muss gleichzeitig ausatmen und viel üben“, verrät er nach dem amüsanten Konzert, bei dem auch die Zuschauer einbezogen werden. Vier holt er auf die Bühne, verteilt Flöten und Becken und bringt mit ihnen das Schlumpf-Lied zu Gehör. Auch einigen Musikern drückt er seine Flöten in die Hand, zusammen musizieren sie das bekannte schottische Volkslied „Auld Lang Syne“ („Nehmt Abschied, Brüder“). Überhaupt ist das kürzlich durch Ungarn gereiste Orchester in bester Neujahrsstimmung, beendet etwa Strauß‘ schnelle Polka „Éljen a Magyar!“ („Es lebe der Ungar“) mit einem beherzten Ruf. Doch nicht nur der Walzerkönig steht auf dem vielfältigen Programm. Stücke von Wagner, Elgar und Katschaturian werden dargeboten.

Brahms’ „Ungarische Tänze“ erklingen schmissig und mitreißend (Nr. 5), mit dick aufgetragenem Vibrato und pfiffig-leichter Piccoloflöten-Einlage (Nr. 4) sowie mit wuchtigem Schlagzeug-Anteil (Nr. 6).

Unter lebhafter Leitung

Als Pendant dazu präsentieren die Ludwigsburger unter Dukeks lebhafter Leitung auch vier der nur wenig später entstandenen „Norwegischen Tänze“ von Grieg. Mal klingt es düster und melancholisch, mal rhythmisch prägnant oder von Holzbläsern charmant durchleuchtet. Zu einem farbigen und packenden Klangschauspiel wird Manuel de Fallas ritueller Feuertanz „Danza rituel del fuego“ mit fieberhaftem Bratschentremolo, plötzlichen Blecheinsätzen und stampfendem Klavier. Spannungsgeladen auch die fünf Sätze aus Katschaturians Suite Masquerade, bei denen die Streicher herzzerreißend aufseufzen und Konzertmeister Mathias Hochweber ein inniges Solo hat. Nach dem üblichen Radetzky-Marsch geben Orchester und Gabor Vosteen noch Peters „Zirkus Renz“ als Zugabe – mit irrem Tempo und Effekten. Unterhaltsamer geht es nicht.

Autor: Anita Molnar