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Enzkreis -  08.09.2019
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Vogelwelt wegen des Klimawandels unter Druck: In 50 bis 100 Jahren keine Zugvögel mehr in der Region?

Pforzheim/Enzkreis. Schlagzeilen wie „Immer mehr Zugvögel verweigern die Fernreise“ oder „Sind die Zugvögel faul geworden?“ bestimmen derzeit die Berichterstattung. „Die Folgen der zunehmenden Klimaerwärmung sind deutlich zu erkennen“, unterstreicht der Pforzheimer Ornithologe Gerhard Vögele. Beim Besuch auf dem Sonnenberg skizziert der langjährige Beobachter der regionalen Vogelwelt, was auch bundesweit beachtete Experten wie Peter Berthold alarmiert: In 50 bis 100 Jahren könnte es dazu kommen, dass nahezu alle in Deutschland beheimateten Zugvögel ihre Wanderungen einstellen.

Schon jetzt sei als Folge eines seit Jahren wahrzunehmenden Klimawandels festzustellen, dass „einige Vogelarten weniger weit wegziehen“, so Vögele. Berthold charakterisiere die Entwicklung als „Mikroevolution“. Es sei erkennbar, was sich in den kommenden Jahrzehnten verstetigen werde: Aus Langstreckenziehern wie Kuckuck, Trauerschnäpper, Pirol oder Gartenrotschwanz würden bei entsprechender Anpassung Kurzstreckenzieher und aus diesen wiederum Standvögel.

Das warme Wetter im Südwesten hat das Zeitfenster für einige Zugvögel um rund drei Wochen verändert. Betroffen davon sind in der Region beispielsweise Star, Feldlerche, Bachstelze, Hausrotschwanz oder Zilpzalp. Traf ein Mauersegler früher beim Heimzug am 30. April im Enzkreis ein, ist mit ihm heutzutage erst im Verlauf der ersten Maiwoche zu rechnen. Der Wegzug wiederum habe sich vom 31. Juli in die erste Augustwoche verlagert, analysiert der Pforzheimer Vogelkundler. Die sich verändernden Zeitfenster könnten für einige Vogelarten existenzielle Folgen haben. So könnte es dem Kuckuck als Brutschmarotzer, der seine Eier in fremde Nester legt, passieren, dass andere Vogelarten in der Brutpflege so weit vorangeschritten sind, dass sich das Eiablegen erübrigt. In anderen Fällen verpassten Vogelarten womöglich den Zeitraum der optimalen Insektendichte, was zu Mangelerscheinungen beim Nachwuchs und schließlich zu ausgeprägten Schwächen bei der energieintensiven Wanderung führen könne.

Vögele erläutert, dass der Mensch den Vögeln sehr wohl helfen könne. Biotopschutz, so der Ehrenvorsitzende des Nabu Pforzheim-Enzkreis, müsse „höchste Priorität genießen“, Rastgebiete wie Boden- und Federsee müssten ständig im Blick behalten werden. Für Wasservögel sei in der Region der Aalkistensee zwischen Maulbronn und Ölbronn besonders wichtig. Der Klimawandel, so Vögele, erfordere eine „schnelle und immerwährende Anpassung der Arten“.

Mehr über die Zugvögel lesen Sie am Samstag, 7. September, in der „Pforzheimer Zeitung“ oder im E-Paper auf PZ-news.

Autor: Peter Marx