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Eutingen -  17.10.2025
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Vom Dreckfänger zum Hightech-Kraftwerk: Eutinger Flusskraftwerk erzeugt Strom für bis zu 1000 Haushalte

Pforzheim. Was das erneuerte Flusskraftwerk in der Inselstraße für Ralf Gottwalds Arbeitsalltag bedeutet, versteht man, wenn man ihm durch die modernisierte Anlage in Eutingen folgt. Dem Mann mit den kräftigen Unterarmen, dem Tonfall eines, der lieber macht als redet, mit einem silbernen Wolfsanhänger um den Hals und Marlboro Rot in der Pullovertasche.

Einweihung Flusskraftwerk Eutingen
Vier Stunden lang führt die SWP beim Tag des offenen Flusskraftwerks durch die Anlage. Hier zeigt Ralf Gottwald (links) die Reinigungsrechen. Foto: Röhr

Typ Klartext. Seit 1984 arbeitet er bei den Stadtwerken Pforzheim, seit 2012 als Verantwortlicher für die Wasserkraftanlagen.

Die Anlage in Eutingen war alt. So alt, dass jeden Tag jemand nach dem Rechten sehen musste. Ralf Gottwald erinnert sich an Schichten, in denen der Zulauf von Hand vom Dreck befreit wurde – Äste, Laub, Treibgut. „Außer U-Boot, Flugzeug und Auto hab ich schon alles in der Enz gefunden“, sagt er und lacht auf. Heute senken sich zwei neue hydraulische Rechen automatisch vor das Zulaufgitter, tragen ab, was den Wasserfluss zu den Turbinen stören könnte. Der Anlass für die Modernisierung war doppelt zwingend: Die wasserrechtliche Genehmigung war ausgelaufen, die Technik war drei Jahrzehnte alt – marode, ineffizient, störanfällig.

Jetzt reicht ein Kontrollgang pro Woche. Die neue Fischtreppe, rund 90 Meter lang, ist seit Herbst 2024 in Betrieb; Forellen, Äschen, Barben ziehen den Fluss hinauf – und an den Rechen vorbei Richtung Mühlacker. Auf dieses Betonbauwerk entfällt rund die Hälfte der Investitionssumme von 5,5 Millionen Euro. Nötig, denn ohne Fischtreppe keine wasserrechtliche Genehmigung – und kein Kraftwerk.

„Als Kind war die Enz eine Kloake“, sagt Gottwald, aufgewachsen in Eutingen. Heute spricht er von einem lebendigen Fluss, auch wenn nach dem 24. Dezember entsorgte Weihnachtsbäume als Treibgut ein Tick zu exotisch sind.

Rund um das Funktionsgebäude ist alles erneuert oder ersetzt worden: zwei Hydraulikanlagen, die Sensorik, der Batterieschrank, mittels dem bei Stromausfall der Pegelstand reguliert werden kann. Über eine Kamera lässt sich das vibrierende Innenleben der Technik live verfolgen, Druckluft hält im Falle einer undichten Stelle Wasser aus den Maschinen fern, und per Touchklick lassen sich Messdaten ablesen, die man früher höchstens hätte erraten können.

Aus 400 Volt werden 20.000 – eingespeist ins Netz der Stadtwerke. 3,6 Millionen Kilowattstunden produziert das Kraftwerk jährlich. Genug, um bis zu tausend Vierpersonenhaushalte mit sauberem Strom zu versorgen. Bei der Einweihung stehen der Eutinger Ortsvorsteher Andreas Renner (CDU) und Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) nebeneinander. Auf Bierbänken werden Würstchen gegrillt. Renner lobt die Anbindung an die Bevölkerung: „Das Areal rund um das Flusskraftwerk lädt zum Spazieren und Verweilen ein.“ Dass Eutingerinnen und Eutinger die Anlage besichtigen können, rundet das Bauvorhaben ab. Die Fertigstellung hatte sich seit 2023 mehrfach verzögert – wegen Materialknappheit, dem Wetter, eines Dienstleisterwechsels und den Folgen des russischen Angriffskrieges. Nun läuft das Wasser wieder. Und mit ihm ein Stück Zukunft, das summt, während es Energie aus der Enz holt.

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