Von 351 Hausarztpraxen auf 105: Ein Modell zeigt drastisch die drohende Landarztlücke - Das will die Region dagegen tun
Enzkreis/Kreis Calw/Pforzheim. Mediziner ärgere dich nicht: Die Region sucht Wege aus der Praxis-Lücke. Unter anderem will der Nordschwarzwald Testregion für ländliche Ohne-Arzt-Praxen werden – mit medizinischen Fachangestellten und Telemedizin.
Noch sind es ziemlich viele Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren, die man in der Pforzheimer Zentrale des Regionalverbands Nordschwarzwald auf das Modell von Enzkreis, Pforzheim, Kreis Calw und Kreis Freudenstadt setzen muss. 351 sind es – besonders dicht gedrängt in der Goldstadt und einigen großen Enzkreis-Gemeinden. Jedes der schwarzen Figürchen steht für eine Hausarztpraxis. Abgebildet sind Daten der Kassenärztlichen Vereinigung für das Jahr 2015. Der Rückblick zeigt eine recht gut besetzte Region. Doch dann zieht Regionalverbandsdirektor Matthias Proske einen Hebel im Rahmen des Modells, um das Jahr 2020 darzustellen – und fast ein Drittel der Figürchen fällt ins Loch. Praxisaufgabe aus Altersgründen bedeutet das.
70 Prozent der bestenden Praxen brauchen bald Nachfolger
Mit dem nächsten Zug versetzt uns Proske ins Jahr 2025. Es hagelt nur so kleine Kegel. Magere 105 bleiben übrig. Anders gesagt: 70 Prozent der bestehenden Praxen brauchen dann Nachfolger.
Es ist ein dramatisches Bild. Eines mit Lücken. Das weiß Proske. „Unser Modell kann nicht abbilden, wo jüngere Nachfolger Praxen übernehmen“, sagt er. Aber klar vor Augen hat man, wie viel medizinischer Nachwuchs in den nächsten Jahren gebraucht wird. Angesichts des zähen Werbens der Landkreise um junge Allgemeinmediziner macht das Proske große Sorgen. Er hat das Regionsmodell vergangenen Freitag in Stuttgart vor Mitgliedern der Landesregierung durchgespielt. 60 Sekunden Zeit, um für ein Projekt zu werben, das Praxislücken mit medizinischen Fachangestellten füllen möchte. Nur dort, wo kein Hausarzt mehr gewonnen werden kann. Der Patient hätte mit dem Fachangestellten dennoch einen echten Ansprechpartner – und ein Arzt wäre per Video und Telemedizin live dabei.
Für die Region geht es um viel Fördergeld, um das sie mit ihrem Projektpartner Professor Dr. Joachim Fischer, dem Direktor an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, beim Land wirbt: rund 1,9 Millionen Euro. Die 60-Sekunden-Pitch-Präsentation dafür habe zwar Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) knapp verpasst, bei Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut habe man aber gepunktet, glaubt Proske. Er ist optimistisch, dass die Förderung in die Region fließt – wenn denn der Landtag die nötigen Gelder fürs Gesundheitswesen nicht im Zuge der Haushaltsberatungen zusammenstreicht.
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