Wo werden in der Pforzheimer Innenstadt am meisten Verbrechen begangen? Die Polizei liefert Zahlen
Pforzheim. Das Pforzheimer Henne-Ei-Problem dreht sich um die Begriffe subjektiv und objektiv und um die Frage, wie sicher es in der Goldstadt wirklich ist. Objektiv ist laut Polizeistatistik nur Heilbronn sicherer – zumindest im Vergleich südwestdeutscher Großstädte. Subjektiv tut sich die Stadt jedoch schwer, diesen Umstand auf die Gefühlsebene zu übertragen. Am Montag geht es im Ausschuss für öffentliche Einrichtungen um diese Frage und zugleich die Überlegung, ob die Straftaten-Hotspots der Innenstadt dauerhaft videoüberwacht werden sollten. Polizeidirektor Marc Unger liefert dazu Zahlen und Einschätzungen.

Zur Frage der Videoüberwachung hat die Pforzheimer Polizeipräsidium Daten ausgewertet – Straßen, Plätze, einzelne Abschnitte der Innenstadt. Die Logik ist einfach: Überwachen darf man dort, wo sich Kriminalität deutlich vom Rest abhebt. Doch die Statistik führt zu einem ernüchternden Befund. Pforzheim, so das Fazit, sei für Videoüberwachung schlicht nicht kriminell genug.
Für das Jahr 2024 legt die Polizei ein Lagebild vor: 221 Straftaten wurden demnach in der Innenstadt registriert. Aufgeschlüsselt nach Tatorten ergibt sich ein vertrautes Bild: 30 Delikte am Waisenhausplatz, 27 in der westlichen Karl-Friedrich-Straße, 21 am Bahnhofplatz, 18 am Leopoldplatz. Weitere Schwerpunkte sind die östliche Karl-Friedrich-Straße mit 16 Fällen sowie Luisenstraße, Marktplatz und Zerrennerstraße mit jeweils 13 Delikten.
87 Prozent aller Taten, so die Auswertung, entfallen auf Diebstähle und Sachbeschädigungen – also Alltagsdelikte, die das Bild der Innenstadt zwar trüben, aber keine Brennpunkte im kriminalistischen Sinn erzeugen. Um Vergleiche möglich zu machen, rechnet die Polizei die Zahlen auf die jeweilige Fläche herunter. Das Ergebnis heißt „Belastungsfaktor“. Auch nach dieser Rechnung: kein Areal, das für eine Dauerüberwachung infrage käme. Am höchsten liegen die Werte am Bahnhofsvorplatz und am Leopoldplatz, am niedrigsten in der Fußgängerzone. Für 2025 erwarte die Polizei laut Unger sogar Rückgänge – nahezu überall, mit Ausnahme der Goethestraße und des Schlossbergs. Entsprechend bleibt ihre Haltung eindeutig: Videoüberwachung sei zu teuer und vor allem zu wenig wirksam. Prävention müsse vor Repression stehen.
Bürgermeister Dirk Büscher, der die Sitzung leitet, erklärt, warum die Stadt trotzdem an der Ausschreibung zum Pilotprojekt für KI-gestützte Videoüberwachung in der Innenstadt teilnimmt: Die Stadt dürfe sich nicht auf der objektiven Sicherheit ausruhen, sondern müsse auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen.
Das geplante System funktioniert so: Kameras nehmen zwar auf, doch die KI anonymisiert die Bilder sofort. Menschen erscheinen nur noch als Strichmännchen. Erkennt die Software Bewegungsmuster, die auf eine Straftat hindeuten – etwa einen Schlag –, schlägt sie Alarm. Dann können die Aufnahmen auch ohne Anonymisierung eingesehen werden, erklärt Philipp Linde, Abteilungsleiter Smart City und stellvertretender Leiter des Amts für Digitalisierung. Linde ist mitverantwortlich für die Bewerbung.
Gemeinsam mit dem „Forschungszentrum Informatik“ und dem Fraunhofer Institut hat die Stadt die Eckpunkte für das Förderprojekt „Aware“ erarbeitet, das auf die KI-gestützte Erkennung von Gewaltvorfällen abzielt. Ziel ist ein Antrag im Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“. Die Verwaltung hoffe auf eine vollständige Kostenübernahme durch das Ministerium. Bei Zuschlag könnte das Pilotprojekt laut Linde im Juli 2026 starten.