Klangvoll die Gemeinschaft preisen: Gesangsprobe im Vereinshaus Eisingen
Eisingen. Die einen plaudern mit ihren Nachbarn, lachen, murmeln, tuscheln. Die anderen sind in angeregte oder ernsthafte Unterhaltungen vertieft. Nachzügler eilen noch auf ihre Plätze. Am Ende sind alle Stühle im Eisinger Vereinshaus besetzt. Die meisten haben sich schick gemacht für diesen Anlass. Und dann geht es los – mit Lockerungsübungen. Siegrun Stütz, die ehrenamtliche Chorleiterin am Klavier, bittet alle Teilnehmer, aufzustehen, und macht es vor: Schultern kreisen, eine liegende Acht mit den Armen zeichnen, Hüften in die eine, dann in die andere Richtung bewegen. Vergnügt und amüsiert tun es ihr alle nach. Es folgen Atemübungen und die Aktivierung des Zwerchfells. Dann erster Gesang: „papalapap“ die Männer, „dududu“ die Frauen.

Singen für Heimatlose
Es ist Chorprobe und dazu haben sich Senioren aus dem gesamten Enzkreis im Vereinshaus zusammengefunden. Stütz leitet den „Musikalischen Stammtischs 60+“, den es seit 2015 gibt und der eigentlich kein Verein, sondern eben ein Stammtisch ist. Er ist angebunden an die Chorgemeinschaft „Eintracht“ Eisingen, bei der es sonst nur noch einen Leistungschor gibt.
Nachdem sie sich als Chorleiterin des Leistungschors zurückgezogen hatte, sind viele der älteren Chormitglieder „sängerisch heimatlos“ geworden, erzählt Stütz vor der Tür des Vereinshauses. Sie wollten der Verjüngung des Chores und neuen Ideen nicht im Weg stehen. Hans-Peter Karst, ehemaliger Vorsitzender der Chorgemeinschaft und zugleich Ideengeber von „60+“ erkannte das und ist auf sie zugekommen – und sie wieder angetreten. Um eine Lücke zu füllen, die für viele der mittlerweile etwa 50 Chormitglieder mehr als nur Singen bedeutet.
„Lieder sind die besten Freunde“ von Rex Gildo soll als Erstes gesungen werden. Die Textblätter werden herausgekramt. Rascheln und flüstern sind zu vernehmen. Stütz stimmt mit dem Klavier an. Während des Singens sind alle in ihre Textblätter versunken, konzentriert und aufmerksam. Immer wieder gibt Stütz Anweisungen. Einzelne Abschnitte werden wiederholt. Und immer wieder lockert sie die Stimmung auf, mit Scherzen und ihrem gelösten und offenen Gemüt. Als die Frauen „Wohlauf in Gottes schöne Welt intonieren, singen sie so hoch, dass es in den Ohren kitzelt. Stütz spricht von „Volksliedern, die es wert sind, dass man sie nicht vergisst“.
Der soziale Nutzen
Vor der Chorprobe erzählt Karst, der auch stellvertretender Bürgermeister von Eisingen ist, noch, dass seine Idee des Chores bei Stütz und den Ehemaligen auf Anhieb regen Zuspruch fand. Für Letztere stellt der Chor eine Gelegenheit dar rauszukommen, der Einsamkeit entgegenzutreten und sich mit anderen auszutauschen. Viele hatten nichts mehr nach dem Austritt aus dem Chor, so Karst. Der soziale Zweck der Treffen ist nicht zu unterschätzen. Nach der Probe sitzt und steht man bei Kaffee und Kuchen in Gruppen zusammen und unterhält sich. Über Alltägliches, die Kinder, die Enkel, anstehende Auftritte oder die gemeinsame Vergangenheit. Denn viele sind schon lange im Chor aktiv.
So auch die 80-jährige Elfriede Heilig aus Eisingen. Seit 30 Jahren ist sie Chorsängerin und fand es schlimm, als Siegrun Stütz aufhörte. Im Leistungschor wurde dann überwiegend auf Englisch gesungen. Das war auch für den 77-jährigen Gerhard Geiger der Grund aufzuhören. Er singt seit 16 Jahren im Eisinger Chor. Unter der Leitung von Stütz singt er gerne. Sie hat immer einen Spruch auf den Lippen und bringt viel Humor ein – „bei ihr macht Singen Spaß“. Gerhard Andrea, 69 Jahre, aus Königsbach-Stein bestätigt das. Er kommt regelmäßig, denn „es verbindet“. Für Siegrun Stütz, die studierte Musikerin ist, ist Singen eine Tätigkeit, die Körper, Geist und Seele gleichermaßen berühre und aktiviere. Durch die Klänge entstehe etwas nicht Greifbares, das sich zwischen Himmel und Erde bewege und doch die Menschen, manchmal ungefiltert, mitten ins Herz treffe und bewege. So könnten Menschen auch bis ins hohe Alter durch die Musik bereichert werden. Und wie bereichernd die Zusammenkunft für jeden Einzelnen ist – das war deutlich zu spüren an diesem Tag.
Keltermarkt Gräfenhausen
Am Freitag, 28. Juli, tritt der „Musikalische Stammtisch 60+“ um 17 Uhr im Rahmen des Keltermarkts Gräfenhausen auf. Der Chor trifft sich in der Regel einmal im Monat und heißt alle Gesangsbegeisterten willkommen. Wann Chorproben und Auftritte stattfinden, und weitere Informationen sind auf folgender Homepage zu finden: www.chorgemeinschaft-eisingen.de