Bäume kämpfen gegen den Hitzetod - Zunehmend machen sich Folgen des trockenen Sommers 2018 bemerkbar
Enzkreis. Heiß und viel zu trocken war der Sommer 2018. Der vorläufige Gipfel einer Entwicklung, die sich schon in den Vorjahren abzeichnete. Vor allem der Wald leidet unter den Folgen der Dürre. Baumsterben und der Kampf gegen Schädlinge beschäftigen Forstexperten in der Region. Hilde Neidhardt, zuständige Dezernentin des Enzkreises, und Forstamtsleiter Frieder Kurtz beleuchten die Problemgebiete.
Buchensterben: „Ohne diese Klima-Extreme wäre der Wald noch grün“, sagt Kurtz. Nahezu allen Bäumen macht die Dürre zu schaffen, vor allem aber der Buche. „Es ist kein Waldsterben“, betont Kurtz. Aber: Aus Altholz werde schneller Totholz als erwartet. Vor allem alte, hohe Buchen mit ausladenden Kronen haben die Trockenheit nicht überlebt. „Sie haben noch ausgetrieben – dann ging ihnen der Saft aus“, sagt der Experte. Jungbestände müssten Wasser nicht so weit zu den Blättern transportieren und könnten darum besser mit Dürre umgehen. Das Bild der abgestorbenen Bäume hat sich zuerst in den tieferen, warmen Lagen im nord-östlichen Enzkreis gezeigt – „jetzt klettert es die Höhenstufen hoch“, so Kurtz. Eine große Rolle für den Zustand der Bäume spiele auch die Bodenbeschaffenheit, darum gebe es regionale Unterschiede. Wie etwa auf Wiernsheimer Gemarkung, wo die betroffenen Buchenbestände zum Teil nur auf einer äußerst dünnen Bodendecke stehen, bevor diese in den Muschelkalk übergeht. „Dort kann der Boden nur wenig Wasser speichern und das schadet insbesondere während der anhaltenden Dürreperiode massiv den Buchen“, sagt der Wiernsheimer Revierförster Joachim Hailer.
Sicherheit: Von den toten Bäumen geht Gefahr aus. Herabfallende Äste und durch abgestorbene Wurzeln umstürzende Bäume fürchten die Experten. Nun habe die Verkehrssicherheit von großen Straßen und Spielplätzen Priorität. Für Bäume abseits werde ein Konzept erstellt, auf dessen Basis Kommunen entscheiden müssen, was gefällt wird und was nicht. Dabei spiele auch das Finanzielle eine Rolle. Denn die Beseitigung der oftmals tonnenschweren und über 40 Meter hohen Buchen sei gefährlich, nötiges Spezialgerät teuer. „Oberste Priorität hat, dass niemandem etwas passiert“, sagt Neidhardt. Schilder weisen in den Wäldern auf die Gefahr hin, einige Waldwege sind bereits gesperrt. „Jeder ist für seine Sicherheit im Wald selbst verantwortlich“, stellt Kurtz klar. Er und Neidhardt appellieren an Wanderer, Vernunft walten zu lassen, sich nur auf freigegebenen Wegen zu bewegen und bei Gewittern sofort das Weite zu suchen. Der Forstamtsleiter schließt nicht aus, dass manche Waldgebiete über Jahre hinweg gesperrt sein könnten. Kurtz weiß dabei auch, dass an einigen Straßenabschnitten im Kreis, etwa bei Maulbronn oder Wiernsheim, bereits morsche Bäume aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt worden sind.
Borkenkäfer: Anders als im Schwarzwald, bestehen im Enzkreis nur elf Prozent des Waldbestands aus Fichte, auf die es der Borkenkäfer besonders abgesehen hat. „Bei uns gibt es auch Probleme“, sagt Kurtz – „aber keine wirtschaftlichen Katastrophen, die Existenzen gefährden.“ Dennoch: Im Juli gab es mit rund 20 000 Festmetern im Kreis bereits genauso viel Käferholz wie im gesamten Jahr 2018. Dass die Lage nicht noch schlimmer ist, sei der guten Arbeit in den Monaten zuvor zu verdanken, wo viel Kraft in die Beseitigung der befallenen Bäume gesteckt wurde. Zudem sei im Kreis vergleichsweise wenig Schadholz durch Schnee oder Sturm entstanden, das die Käfer bevorzugen. Einen Nachteil habe die Region: Es ist hier länger warm als im Schwarzwald. Und das spielt den Schädlingen in die Karten. Darum sei der Befall im nord-östlichen Enzkreis stärker, wo die Temperaturen höher seien.
Holzmarkt: Das viele Käferholz, das international angefallen ist, hat die Preise für Fichte auf dem Holzmarkt in den Keller sacken lassen. Von einer „sehr kritischen Situation“ spricht Kurtz. Er fürchtet, dass eine ähnliche Entwicklung auch bei den Preisen für andere Baumarten folgen könnte.
Lösungsansätze: „Wir sollten innehalten und die Situation analysieren“, sagt Kurtz und warnt vor übereilten Entscheidungen für neue Baumarten, die nicht heimisch sind – wie einst die Fichte. Stattdessen setzt er auf Naturverjüngung heimischer Arten. 2019 sei Eichen-Mastjahr. Notwendig sei eine verstärkte Jagd auf Rehe, um die Eicheln zu schützen. „Ziel muss weiterhin sein, mit heimischen Arten gemischte, vielfältige Wälder zu entwickeln“, sagt er – „das ist ein erfolgsversprechender Weg, davon bin ich überzeugt.“