Heimsheim
Enzkreis -  14.12.2018
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Das Land und die Leute: Goldener Lockruf nach Fördergelder

Sprachlich ist sofort klar, wie die Sache mit den begehrten Fördergeldern zu verstehen ist. Zuschüsse locken. Zuschüsse winken. Zuschüsse reizen. Fehlt nur noch, dass sich Zuschüsse ihr güldenes Haar kämmen wie Loreley auf ihrem Felsen über dem Rhein oder singen wie Odysseus‘ Sirenen.

Förderungen wirken in manchen Debatten wie die mythischen Verführerinnen, die wackere Recken – und sicher auch Reckinnen – zu Entscheidungen treiben, die sie später bereuen. Der Grund dafür mag sein, dass mit Zuschüssen tatsächlich immer wieder Politik gemacht wird. Zum Beispiel in der Bildung, die ja bekanntlich Ländersache ist. 2003 legte der Bund ein Investitionsprogramm mit viel Geld auf, das anzapfen konnte, wer Einrichtungen aufbaute, die Ganztagesunterricht möglich machten. Diese Woche nun witterten einige Regionalräte des Nordschwarzwalds, ihr Verband könnte durch die Aussicht einer 90-Prozent-Förderung durchs Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Schaffung einer zusätzliche Stelle verlockt werden. Dabei, warnte der Nagolder SPD-Mann Rainer Prewo, zeichne das damit verbundene Forschungsprojekt „KoOpRegioN“ wenig vertrauenerweckende „technokratische Schaumschlägerei“. Sein Verdacht: Das Projekt werde am Ende für die Arbeit des Regionalverbands nichts bringen. Seine Forderung: „Wir sollten nicht Dinge beginnen, nur weil Zuschüsse locken.“

Das Beispiel zeigt aber auch etwas anderes. Zum einen geht es im politischen Alltag um weit weniger dramatische Folgen einer Verführung als in Märchen und Sagen. Und es ist durchaus so, dass die Verlockungen am „goldenen Zügel“ zu Weichenstellungen führen sollen, die man auch sehr positiv bewerten kann. Beim regionalen Beispiel war es der Grüne Joachim Wildenmann, der einwandte, das Forschungsprojekt würde sich um bessere und nachhaltigere Nutzung von Flächen kümmern – ein Ziel, dass vielen Regionalräten doch am Herzen liege. Da passt der Vergleich zur Märchenwelt doch wieder: Verführungen funktionieren in der Sage auch nur, wenn echte Schönheit dahintersteht. Odysseus möchte seine Ohren dem Gesang der Sirenen ja auch nicht verschließen.

Autor: Alexander Heilemann