Heimsheim
Enzkreis -  05.02.2019
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Wie öffentlich muss ein Gemeinde-Haushalt diskutiert werden?

Enzkreis/Kreis Calw. Der Haushalt ist für eine Stadt oder eine Gemeinde viel mehr als ein nüchternes Zahlenwerk: Er ist eine Art Fahrplan. Indem man Geld für bestimmte Aufgaben oder Vorhaben in den Etat einstellt, zeichnet man vor, was sich eine Kommune für ein Jahr alles vornimmt. Die Arbeit an dieser Aufstellung ist entsprechend aufwendig.

Auch für einen Gemeinderat gibt es da viel vorzubereiten. Sollte das aber immer öffentlich passieren oder manchmal auch hinter verschlossenen Türen? Darüber wird immer mal wieder gestritten. Im Enzkreis wie im Kreis Calw. In der Region war es zuletzt beispielsweise die Stadt Bad Wildbad, in der Freie Wählervereinigung/FDP und die SPD sich für mehr Transparenz bei den Haushaltsberatungen einsetzten. Wie viel Öffentlichkeit ist eigentlich grundsätzlich gefordert? Die PZ hat bei den Landratsämtern nachgehakt.

Wie sieht die rechtliche Grundlage aus?

Die Gemeindeordnung für Baden-Württemberg sagt scheinbar ganz klar: „Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern“ (Paragraf 35). In der Praxis der Haushaltsarbeit bedeute dass, dass im Grunde nur Personal- oder Stellenfragen nicht-öffentlich behandelt werden sollten, sagt Anja Härtel, Sprecherin des Landratsamts Calw. Dennoch: Ausschüsse, die nur beraten und keine Beschlüsse fassen, dürften den Haushalt auch ohne Zuhörer vorbereiten, betont Carmen Schneider, die stellvertretende Leiterin der Kommunalaufsicht des Enzkreises. Wie genau das ablaufe, könnten die Kommunen selbst regeln, so Schneider und Härtel.

Wie machen das die Gemeinderäte in der Praxis?

Das früher am weitesten verbreitete und immer noch vielerorts praktizierte Verfahren sieht so aus: Öffentlich ist der Haushaltsplan dann, wenn ihn die die Verwaltung vorstellt und oft erst wieder, wenn die Ratsfraktionen ihn mit Stellungnahmen beurteilen und am selben Abend beschließen. Dazwischen liegen oft Vorberatungen teils in nichtöffentlichen Ausschüssen oder in einer Klausur. Diese Praxis ist für die Kommunalaufsicht in Ordnung. Juristische Kommentare zur Kommunalordnung Baden-Württembergs stützen diese Einschätzung. Andere Kommunen geben den Bürgern aber mehr Einblick. In den vergangenen Wochen ackerten beispielsweise Straubenhardt, Birkenfeld, Keltern oder Wurmberg ihre Haushaltspläne öffentlich vorab durch. Stadträte in Mühlacker wiederum konnten eigene Anträge zum Etat vor Zuhörern stellen – ebenfalls vor der mittlerweile erfolgten Sitzung zu Beratung und Beschluss des Haushalts.

Wann schreitet die Kommunalaufsicht ein?

Weil die Auslegung der Gemeindeordnung recht große Spielräume lässt, passiert das recht selten. 2017 hatte Calws Kommunalaufsicht die Stadt Bad Herrenalb gerügt. Ein zu großer Teil von Haushaltseinbringung und -beratung war dort dem Kreis zufolge im Rahmen einer Klausurtagung und damit hinter verschlossenen Türen abgehandelt worden. Den Anstoß zu der Prüfung hatte die Nachfrage eines Bürgers gegeben. Allerdings blieb es bei einer bloßen Mahnung zu mehr Öffentlichkeit. Auch in diesem Fall genügte eine für Bürger zugängliche Haushaltssitzung, bei der die Räte das Zahlenwerk noch einmal diskutierten, um den Etatbeschluss genehmigungsfähig zu machen. Angesichts der breiten Interpretationsmöglichkeiten für das Öffentlichkeitsgebot wird es Diskussionen um offene Ratstüren wie jetzt in Bad Wildbad mit Sicherheit auch in Zukunft immer wieder geben.

Autor: Alexander Heilemann