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Ispringen -  28.03.2022
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Fahrradspaß mitten im Wald: Ispringer Turnverein baut Bikepark am Ortsrand

Ispringen. Beherzt greifen die Jugendlichen zur Schaufel, rammen sie ein ums andere Mal in den Boden, um einen kleinen Hügel zu formen. „Fertig werden wir hier nie“, sagt Lukas (14): „Man kann immer etwas besser machen.“ Doch inzwischen sieht der Fahrrad-Parcours, der Bikepark des Ispringer Turnvereins schon richtig gut aus. Ein Jahr lang haben zahlreiche Ehrenamtliche gearbeitet, damit er auf einem rund 9000 Quadratmeter großen Gelände am Ortsrand entstehen kann.

„Das war ein Wunsch der Jugendlichen“, erzählt Martin Merkle, der das Bike-Team des Vereins leitet. Er fand die Idee gut und machte sich mit einigen Mitstreitern ans Werk: Sie stellten einen Antrag bei der Gemeindeverwaltung, schauten sich den Bikepark in Engelsbrand an und suchten zusammen mit Revierförster Martin Schickle nach einem geeigneten Waldstück. Rund 20 Helfer sind an dem Projekt beteiligt, unter ihnen auch viele Jugendliche.

1100 ehrenamtliche Stunden haben sie seit Februar vorigen Jahres schon geleistet. Zuerst haben sie das Gelände entrümpelt und vom Müll befreit, dann angefangen, mit einem Rechen das Laub zu entfernen und den Streckenverlauf abzustecken. Unterstützung bekamen sie auch hier vom Revierförster, der ihnen bei Ortsterminen sagte, welche Bäume aus Sicherheitsgründen weg müssen. Für den Parcours selbst wurde kein einziger gefällt. „Wir haben die Strecke außenrum geplant“, erklärt Merkle: „Wenn doch mal ein kleiner Baum im Weg war, dann haben wir ihn ausgegraben und versetzt.“

Für die Strecken wurde die vorhandene Topografie integriert. Bagger oder andere Maschinen wurden nicht benutzt, sondern „nur Muskelkraft“, so Merkle. Er legt außerdem Wert darauf, dass keine künstlichen Werkstoffe wie Beton oder Plastik zum Einsatz kamen, als Sprünge, Steilkurven und Hügel entstanden sind. Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen. Geöffnet ist der Bikepark aber noch nicht. Vorher muss ihn noch ein anerkannter Sachverständiger abnehmen. Wenn das geschehen ist, steht er der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Der TV Ispringen wird ihn nutzen, um mit seinen Kinder- und Jugendgruppen zu trainieren. „Von uns ist dann jeden Tag eine Gruppe dort“, erklärt Merkle. Fünf verschiedene Strecken, sogenannte „Lines“, gibt es im Bikepark, alle unterschiedlich schwer und farblich markiert. Merkle ist froh, dass sich das Projekt nun auf der Zielgeraden befindet. Er berichtet von einer großen Unterstützung, die man von der Verwaltung, von Bürgermeister Thomas Zeilmeier und vom Gemeinderat erfahren habe. Im Februar hat die Gemeinde dem Verein das Gelände kostenlos überlassen. Auch von den Anwohnern hat es laut Merkle keinerlei Proteste gegeben. Im Gegenteil: „Einige haben sogar ihre Gartenhütten zur Verfügung gestellt, damit wir unser Werkzeug dort unterstellen konnten“, berichtet der Abteilungsleiter.

Der Nachwuchs übernimmt Verantwortung

Seit zwölf Jahren gibt es das Bike-Team schon als Abteilung des Ispringer Turnvereins. Aktuell hat es drei Erwachsenen- und vier Kindergruppen. Die Jüngsten, die „Radzwerge“, sind gerade einmal vier Jahre alt, die Ältesten schon Mitte 70. Silas (13) und Lukas (14) sind schon viele Jahre dabei, tragen das Trikot ihres Vereins mit Stolz und trainieren die „Bike-Bambinis“. Mit ihnen wollen sie in Zukunft im Bikepark üben, den sie selbst mit angelegt haben. Von Anfang an haben sie mit angepackt. Und zwar aus gutem Grund: Radfahren sei ein cooler Sport, sagt Silas: „Man ist draußen im Wald und man kann fliegen.“

Lukas meint:

"Es gibt viel mehr Möglichkeiten als zum Beispiel beim Fußball."

Jeder Bikepark sei anders, überall lerne man nette Leute kennen.

Trendsport und Fitness-Maschine

Einen Überblick über die Bikeparks in der Region hat Jochen Enke, der beim Landratsamt für Wirtschaftsförderung und Tourismus zuständig ist. Bereits vor der Pandemie habe es einen Trend in Richtung Mountainbiking in verschiedensten Ausprägungen gegeben: bei den Älteren aus Fitness- und Lifestylegründen, bei den Jüngeren als Trendsport. Enke identifiziert als Verstärker die E-Bikes, die mittlerweile salonfähig und in allen Ausprägungen zu haben sind. Zudem nennt er die Corona-Pandemie, die die Menschen zur Freizeitbeschäftigung vor der eigenen Haustür gebracht habe – mit der Folge, dass sich der Druck auf den Wald erhöht habe. Dort kommt es laut Enke stellenweise zu Konflikten, auch wegen einer Regel, die das Radfahren auf weniger als zwei Meter breiten Waldwegen eigentlich nicht erlaube. Hinzu komme, dass einige Kinder angefangen hätten, Schanzen und Rampen in den Wald zu bauen, was nicht nur verboten, sondern auch gefährlich sei. Aus diesen Gründen habe der Enzkreis in Straubenhardt das Modellprojekt „Trailpark Schwanner Warte“ mit dem dortigen Jugendgemeinderat, Gemeinderat, Schwarzwaldverein und Bürgermeister initiiert. Ziel ist laut Enke eine Legalisierung der verwendeten Trails unter Einbeziehung aller Beteiligten. Andere Gemeinden würden dagegen überlegen, die Radfahrer aus dem Wald und stattdessen in Bikeparks zu bringen, etwa in Engelsbrand. Aktuell sei man auf der Zielgeraden, das Modellprojekt in Straubenhardt genehmigt zu bekommen. „Mit diesen Erfahrungen, gemeinsam mit dem Park in Ispringen und den positiven Erfahrungen des Bikeparks Engelsbrand wollen wir dieses Wissen nun allen anderen Gemeinden zukommen lassen“, schreibt Enke. Ein entsprechendes Online-Format sei bereits angekündigt gewesen, habe sich allerdings verzögert und soll nun in den nächsten Wochen angesetzt werden. Bekannt sind ihm zudem Planungen in Birkenfeld und Büchenbronn. In Büchenbronn sieht man sich mit den Parcoursplänen im Bereich des Wasserleitungswegs auf der Zielgeraden. Die Entscheidung trifft Pforzheims Gemeinderat Anfang April. Remchingen, Mühlacker, Maulbronn und Neuenbürg hätten ebenfalls einige Mountainbike-Strecken, die eventuell mit einem der Modelle gelöst werden könnten. rol/pz

Autor: Nico Roller