Maulbronn
Maulbronn -  14.10.2025
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Amtsgericht Maulbronn: Sollte Geldsegen dem Verurteilten als Startkapital dienen?

Maulbronn. „Nebelkerzen gezündet“ hatte laut Amtsgerichtsdirektor Bernd Lindner der 57-jährige Kaufmann und Unternehmensberater, der am Dienstag wegen Bankrotts vor Gericht stand. Den Mann hatte, wie schon berichtet, 2023 ein unerwarteter Geldsegen in Höhe von 16.503 Euro getroffen. Absender des satten Betrages war die Mahnabteilung des Stuttgarter Amtsgerichtes.

Der Fall wurde im Amtsgericht Maulbronn verhandelt.
Der Fall wurde im Amtsgericht Maulbronn verhandelt. Foto: Stäbler

Wie war es dazu gekommen? Der Angeklagte, inhaftiert und insolvent, hatte von Gefängnis aus versucht, Mahnbescheide an säumige Kunden zu verschicken in Höhe von rund sieben Millionen Euro. Die Gebühren dafür beliefen sich auf genau 16.503 Euro, wie ihm die Mahnabteilung mitteilte. Die möge er bitte bald überweisen, sonst könnten die Mahnungen nicht zugestellt werden. Das Geld hatte der Mann natürlich nicht. Daher zog er die Mahnbescheide wieder zurück. Aber die Mahnabteilung teilte ihm im Juli 2023 mit, sein Geld sei eingegangen, man danke ihm, und wolle das Geld nun zurückschicken, da er ja auch die Mahnbescheide zurückgezogen habe. Er möge seine Kontonummer angeben.

Der Kaufmann gab die Kontonummer seiner Rechtsanwältin an, worauf das Geld auch prompt überwiesen wurde. Die Anwältin überwies es weiter auf das Konto eines ehrenamtlichen Mitarbeiters der Haftanstalt, der es für den Angeklagten verwalten wollte. „Das Startkapital für die Zeit nach der Haftentlassung?“ mutmaßte Richter Lindner. „Keinesfalls!“ Der Angeklagte wies zwei Briefe an seinen Insolvenzverwalter vor, in dem er ihn um Rat fragte, was er mit den 16.503 Euro tun solle, von denen er nicht wisse, woher sie gekommen seien. Er habe so viele Unterlagen und Schreiben gehabt, erklärte er dem Richter, dass er den Überblick verloren habe. Lindner indes konnte ihm nicht glauben. Er verlas den Brief der Mahnabteilung. „Da war kein Missverständnis möglich“, befand er. Wahrscheinlicher sei, dass das Geld nach der Entlassung aus dem Gefängnis als Startkapital gedacht gewesen sei. Und die handgeschriebenen Briefe an den Insolvenzverwalter? Waren die kein Beweis für die lauteren Absichten des Angeklagten? Die könne er auch erst kürzlich verfasst haben, meinte Lindner unbeeindruckt. Und tatsächlich: Der Insolvenzverwalter hatte viele, viele Briefe des Angeklagten bekommen, aber diese beiden waren nicht dabei.

Kriminelle Energie

Staatsanwältin Aylin Karabolut sah den Anklagevorwurf in vollen Umfang bestätigt. Sie attestierte kriminelle Energie und beantragte eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten. An eine Bewährung sei nicht zu denken. Denn 23 Vorstrafen fast alle wegen Betruges, säumten den Lebensweg des Angeklagten. Verteidiger Kai Hans sah viele Merkwürdigkeiten. Insbesondere die, dass der Staat das versehentlich ausbezahlte Geld nicht zurückgefordert habe. Was nun nicht mehr möglich ist, da das Geld der Insolvenzmasse hinzugefügt wurde. Er wollte keinen konkreten Antrag stellen, bat aber, die Gesamtumstände zu berücksichtigen. Seit 2018 sitzt der Mann zwei langjährige Haftstrafen ab. In zwei Monaten hätte seine Entlassung angestanden. Richter Lindner verurteilte den Angeklagten zu vier Monaten Haft. Das sei „das unterste Maß“.