Mühlacker
Enzkreis -  16.10.2025
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Mitarbeiter schwelgen in Erinnerungen: Mühlackers heutige RKH Klinik wird 50 Jahre alt

Mühlacker/Enzkreis. Es ist ein ganz normaler Dienstagvormittag im Krankenhaus Mühlacker. Es ist viel los im Eingangsbereich mit dem kleinen Café und den Fluren, die zum Beispiel Richtung Notaufnahme führen. Ulrike Stoiber-Lipp freut sich vor allem über den Info-Punkt an der Pforte, die sie sofort wiedererkennt. Sie hat sich nicht so stark verändert wie der Rest des Foyers, seit die Bietigheim-Bissingerin am 1. Oktober 1975 ihre Krankenpflege-Ausbildung begonnen hat. In der funkelnagelneuen Klinik, die erst zwei Wochen später ihre ersten Patienten erhalten sollte. Die junge Frau damals staunte Bauklötze. Alles so modern.

Eckhard Ächtler und sein Mühlacker Krankenhaus: Er hat 1977 als Krankenpfleger dort angefangen und ist nie mehr gegangen. Selbst heute, mit 68 Jahren, macht er noch zwei Mal im Monat Nachtschichten.
Eckhard Ächtler und sein Mühlacker Krankenhaus: Er hat 1977 als Krankenpfleger dort angefangen und ist nie mehr gegangen. Selbst heute, mit 68 Jahren, macht er noch zwei Mal im Monat Nachtschichten. Foto: Meyer

Und im heutigen i-Punkt steckte vor 50 Jahren Hightech der 1970er-Jahre: eine Rufzentrale für Menschen, die im Krankenbett Hilfe benötigten, 24 Stunden und sieben Tage pro Woche besetzt von Schwester Sabine, die sich immer so meldete – egal, wie sie wirklich hieß.

Ein anderer Tag, ein Freitagnachmittag, bei ähnlich viel Andrang in der Klinik. Im T-Shirt sitzt Eckhard Ächtler im Foyer und erzählt ebenso von großen Augen bei seinem Wechsel nach Mühlacker im Jahr 1977. Bei seiner Ausbildung zum Krankenpfleger hatte er zuvor oft mit Patienten in Sechs-Bett-Zimmern zu tun. In der neuen Mühlacker Klinik, wo er seine erste feste Stelle in der Urologie, im Bereich Hals-Nasen-Ohren und Augenmedizin antrat, gab es fast ausschließlich Zwei-Bett-Räume – mit Toilette und Dusche im Zimmer statt wie sonst noch üblich auf dem Flur. Auch technisch fand er alles vom Feinsten. Ächtler ist geblieben. Über Jahrzehnte. Hatte Leitungsfunktionen in den Stationen, wo er eingesetzt war. Lange Jahre im chirurgischen Bereich. Und der 68-Jährige hat noch immer nicht genug, macht heute noch Nachtschichten. Zwei im Monat. Im Foyer hat er viele Hände zu schütteln, Ex-Kollegen zu grüßen. Tanja Simon-Rüßmann umarmt ihn herzlich:

„Er war ein richtig toller Chef“, sagt sie. Und er gibt das Kompliment zurück. „Heute ist sie meine Chefin“, sagt er über die Frau, die vor über 30 Jahren Schülerin bei ihm war.

Es ist quicklebendig, dieses Krankenhaus, das jetzt im Oktober 50 Jahre alt ist und weiter in stetigem Wandel. Die PZ hat Menschen gesucht, die die Anfänge auf dem Höhenrücken über Mühlacker miterlebt haben. Die Zeit, als die alten Krankenhäuser unten in der Senderstadt und in Maulbronn in den Neubau umzogen. Stoiber-Lipp war von Tag eins an im Krankenhaus. Lebte im ebenfalls neuen Schwesternwohnheim direkt neben ihrem Arbeitsplatz – zusammen mit zwölf der 14 jungen Auszubildenden ihres Jahrgangs. Auch andere Klinikbeschäftigte wohnten damals in Personalbauten auf dem Areal. „Wenn man mich später als Betriebsrätin gefragt hat, was man tun kann, um Fachkräfte für sich zu gewinnen, habe ich oft gesagt: Wohnungen bauen“, sagt die Frau, die es bei der RKH von 2005 bis zu ihrem Ruhestand zur Betriebsratsvorsitzenden gebracht hat.

Errichtet worden ist die heutige RKH Klinik noch als waschechtes Kreiskrankenhaus. In nur vier Jahren. Für aus heutiger Sicht inklusive der Personalgebäude schlappe 63,4 Millionen Mark, umgerechnet also rund 32 Millionen Euro. 2004 kam das Haus unters Dach der Regionalen Kliniken Holding, heute RKH Gesundheit, einer Gesellschaft, in der der Enzkreis neben den Landkreisen Ludwigsburg und Karlsruhe oder der Stadt Bietigheim-Bissingen Träger geblieben ist. Das einstige „Krankenhaus für alle“, wie die PZ 1975 getitelt hat, ist stärker spezialisiert worden. Einst für 320 Betten konzipiert, hat die Klinik heute 170 Betten. Und zuletzt deutlich steigende Patientenzahlen. Die RKH nennt jährlich über 8800 Menschen, die für Behandlungen in die Stationen aufgenommen werden. Fast 19 000 weitere werden ambulant versorgt, müssen also nicht über Nacht bleiben.

Das ist es vor allem, was sich seit den Anfängen 1975 neben der technischen Entwicklung revolutionär gewandelt hat. Ächtler und Stoiber-Lipp sagen beide, in der Pflege habe es in den 1970er-Jahren mehr Zeit für den Kontakt zu den Patienten gegeben. Alles sei persönlicher gewesen. Auch weil nicht wenige wochenlang in der Klinik bleiben mussten. Nach Herzeingriffen zum Beispiel. „Aber selbst für eine Mandel-OP sind sie damals eine Woche lang bei uns gewesen“, sagt Ächtler. Das hatte medizinische Gründe, weil heutige Behandlungsmethoden schonender für Patienten sind. Aber auch finanzielle: „Krankenhäuser haben damals Tagespauschalen gekriegt“, sagt Stoiber-Lipp: „Ein belegtes Bett war also immer gutes Bett.“ Eines, das Geld einbringt.

Mehr Luft bei den Schichten: Daran erinnern sich beide Pflegeexperten aus den ersten Tagen der Mühlacker Klinik. Man habe als Fachkraft etwas weniger Patienten zu betreuen gehabt als heute, meint Ächtler. Und weniger Schreibkram. Früher habe man Werte in eine Kurve eingetragen und in ein Übergabebuch. Heute müsse viel und streng dokumentiert werden. Ein Papierkrieg? Nein, lacht Ächtler, heutzutage eher ein EDV-Krieg. Aber der koste Zeit. Stoiber-Lipp erinnert sich aber auch an die Schattenseiten der 1970er.

„Unser Beruf war hauptsächlich weiblich damals“, sagt sie. Bekamen die jungen Frauen Kinder, gab es Mutterschutz und dann nichts mehr: „Nach acht Wochen stand man vor der Wahl: entweder voll zurückkommen oder kündigen.“

Noch eine Ex-Kollegin umarmt Ächtler. Es sind solche Szenen, die zeigen, warum er und Stoiber-Lipp auch heute wieder in die Krankenpflege gehen würden. Das Miteinander in Teams. Das Arbeiten mit Menschen, mit Patienten, von denen jeder anders reagiere. Ein lebendiger Beruf.

„Also langweilig ist es im Krankenhaus nie“, lacht Stoiber-Lipp.