Sebastian Kienle im Abschieds-Interview: "Das Ende meiner Karriere motiviert mich"
Pforzheim/Mühlacker. Ende des Jahres ist Schluss. Sebastian Kienle wird seine Karriere als Weltklasse-Triathlet beenden. Auf seiner „Abschiedstour“ schaut der Ausnahmesportler aus Mühlacker am kommenden Mittwoch, 1. Februar, um 19 Uhr bei der Pforzheimer Zeitung im PZ-Forum vorbei. Mit dabei seine Frau Christine Schleifer, die mit „Sebastian Kienle – vom Underdog zum Weltmeister“ eine ganz besondere Biografie über ihren Ehemann geschrieben hat. Es gibt an dem Abend also viel zu erzählen – über die einzigartige Karriere von Sebastian Kienle. PZ-Redakteur Dominique Jahn hat sich vorab mit dem 38-Jährigen unterhalten.

Pforzheimer Zeitung: Das Buch ist im November vergangenen Jahres erschienen. Wann reifte bei Ihnen und Ihrer Frau der Gedanke, eine Biografie zu schreiben?
Sebastian Kienle: Meine Frau hat über all die Jahre, in denen sie mich begleitet hat, den Blog „Life of a triathlete’s wife“ geschrieben. Der kam so gut an, dass viele gesagt haben, daraus müsst ihr ein Buch machen. Gesagt, getan. Entstanden ist aber keine Biografie im klassischen Sinne mit Ghostwriter und so. Nein. Meine Frau hat das Buch komplett selbst geschrieben. Und man muss bedenken, sie ist keine ausgebildete Autorin. Es ist also ein Novum. Ich weiß nicht, ob es Bücher von der Art gibt, die sich relativ schnell verkauft haben.
Das Buch umfasst rund 267 Seiten mit vielen Illustrationen. Bei dem, was Sie alles in Ihrer Karriere erlebt haben, hätte der Umfang vermutlich noch viel größer sein können?
Man muss aufpassen, dass so ein Werk nicht zu langatmig wird. Wir wollten auch nicht ein Buch nur für Sebastian-Kienle-Fans rausbringen, sondern auch für diejenigen, die mit Triathlon gar nicht so viel am Hut haben. Und tatsächlich haben wir viele Rückmeldungen bekommen von Leuten, die durch das Buch die Faszination des Sports aufgeschnappt haben. Wenn wir es also geschafft haben, das jetzt jemand überlegt, mit dem Triathlon anzufangen, dann ist das richtig cool.
Haben Sie Ihrem Konkurrenten Jan Frodeno, der ebenso ein guter Freund von Ihnen ist, schon ein Exemplar zukommen lassen?
Noch nicht. Aber ich sehe ihn bald. Dann bringe ich ihm eine Ausgabe mit.
Das Buch erzählt viele schöne Geschichten aus Ihrem Leben. Ihr Sieg 2014 beim Ironman auf Hawaii war vermutlich das schönste Erlebnis?
Es war der größte Erfolg. Im Buch wird allerdings weniger die Geschichte vom Sieg erzählt, sondern vielmehr von dem ganzen Drumherum – und wie es in den Wochen zuvor war. Im Vordergrund stehen nicht nur Geschichten, die erzählen, was alles geklappt hat, sondern auch, was alles schiefgelaufen ist.
Ärgern Sie sich heute noch darüber?
In dem Moment, damals, war es nicht ganz so lustig, heute lache ich eher darüber. In der Nachbetrachtung sind schon viele lustige Geschichten dabei.
2021 haben Sie angekündigt, dass Sie Ende dieses Jahres Ihre Karriere beenden werden. Bereuen Sie diesen Entschluss mittlerweile oder ist es nun wirklich Zeit aufzuhören?
Es ist nun wirklich an der Zeit aufzuhören. Natürlich hätte ich mir noch ein siegreicheres Jahr 2022 gewünscht, einiges ist nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Aber gerade mit dem letzten Rennen auf Hawaii, als ich nochmal bester Deutscher geworden bin (Platz sechs, Anm. d. Red.) und dann auch noch in einer Zeit unter acht Stunden, das hat mir nochmal ein gutes Gefühl gegeben und ich war froh, dass durchgezogen zu haben. Ich denke, auch in diesem Jahr noch mit den Besten mithalten zu können und das eine oder andere Rennen gewinnen zu können. Die Entscheidung aufzuhören, war dennoch absolut richtig. Das nahende Karriereende motiviert mich aber trotzdem zusätzlich.
Sie haben angekündigt, auf Ihrer Abschiedstour Rennen zu bestreiten, die sonst nicht in Ihren Terminplan reingepasst haben. Womit geht’s denn los?
Der Saisonauftakt erfolgt im Februar mit der Challenge Wanaka in Neuseeland. Auf der Wunschliste steht auch Anfang März der Ironman Taupo, ebenfalls in Neuseeland. Ich konnte diese Rennen nie bestreiten, weil sie viel zu früh in der Saison waren. Jetzt mache ich sie einfach. Ich bin recht fit. Den Winter habe ich durchtrainiert. Außerdem stehen noch ein paar Rennen in Deutschland und hier in der Region an. Reizen würde mich auf alle Fälle auch der Norseman Xtreme Triathlon in Norwegen (gilt als einer der härtesten Triathlon-Wettbewerbe der Welt, Anm. d. Red.). Der ist brutal hart, aber landschaftlich unheimlich schön.
Sie wollen sich also nochmal richtig quälen?
Ich werde oft gefragt, ob ich das letzte Jahr jetzt nur noch zum Spaß mache oder ob ich doch noch gewinnen will. Da muss ich immer lachen. Denn für mich ist das ein und dasselbe Ziel. Ich habe am meisten Spaß, wenn ich die Rennen gewinne. Außerdem: Als Profiathlet ist es nicht so einfach, es locker ausklingen zu lassen.
Gibt es ein Datum, wann Sie in diesem Jahr Ihr letztes Rennen bestreiten werden?
Einen fixen Plan habe ich noch nicht, aber ein paar Ideen. Interessant wäre, das Jahr mit dem Norseman in Patagonien zu beschließen. Vielleicht lade ich aber auch viele Kollegen im November zum Laguna Phuket ein und wir feiern alle zusammen nochmal eine große Triathlon-Party.
Zur Person:
... wurde am 6. Juli 1984 in Mühlacker geboren. Als Zwölfjähriger absolvierte er seinen ersten Triathlon, damals für den TV Bretten. Später startete er für das Tri Team Heuchelberg. Seine größten Erfolge: Ironman-WM 2014 Hawaii, zweifacher Weltmeister (70.3-Distanz), dreifacher Europameister (70.3) und Roth-Champion 2018. Kienle ist verheiratet und Vater eines Sohnes (18 Monate).
Karten für die Veranstaltung erhalten Sie unter (07231) 933125 oder online unter www.pz-forum.de. Der Eintritt kostet 10,50 €, für Inhaber der PZ-AboCard nur 6,50 €.