SommerevEnz: Musikalische Zeitreise in die Siebziger mit „Yvolution“
Mühlacker. Mangel an Popmusik aus den 70ern und 80ern? In diesem Sommer wohl kaum: Elton John, Rod Stewart, Phil Collins und ZZ Top haben dem Ländle gerade erst ihre konzertante Aufwartung gemacht. Selbst „Men at Work“, „Midnight Oil“ und die „Little River Band“ aus dem fernen „Down Under“ gaben sich 2019 die Ehre. Nur Abba, für viele Musikfans die 70er-Jahre-Kultband schlechthin, lehnt (zumindest bislang) hartnäckig jede Reunion-Tour ab.
Nichtsdestotrotz sind die eingängigen Popsongs der vier Schweden – Agnetha Fältskog, Benny Andersson, Björn Ulvaeus und Anni-Frid Lyngstad – selbst bei solchen Fans populär, die beim Karriere-Hoch der Band noch gar nicht geboren waren. Ein Jukebox-Musical und Film(e) namens „Mamma Mia!“ halten den Abba-Kult ebenso am Leben wie die Pforzheimer Formation „Yvolution“.
Beste Konzertlaune
In der langen Samstagnacht beim Open Air „SommerevEnz“ bestreitet diese Band zwei Drittel ihres Auftritts mit Coversongs von Schwedens Fab-Four. „Ihr könnt ruhig näher kommen“, motivieren Yvonne Ehringer („Anni-Frid“) und Beatrix Reiling („Agnetha“) eingangs des zweiten Sets die Zuschauer an der stillen Enz: „Wir haben weniger Runzeln als das Vorbild“.
Und auch den lästigen Regen nimmt „Yvolution“ ganz gelassen: Schließlich hat es ja auch vor 50 Jahren in Woodstock, bei der „Mutter aller Open Airs“ gegossen – und dennoch hatten mehr als 400 000 Fans ihren Spaß. Gut, bei den SommerevEnz mag das Publikum um einiges kleiner sein, der zelebrierten musikalischen Nostalgie und allerbester Konzertlaune tut’s aber keinen Abbruch.
„Wir lieben diese Musik. Ich singe nur Songs, die ich selbst gut finde“, verrät Yvonne Ehringer im Gespräch. Und: Die Perücken sind schweißtreibend, aber Pflicht“. Ponchos, Mini-Rock, Stiefel und die berühmt-berüchtigten Katzen-T-Shirts auch.
Flower-Power-Mode
Die Männer der sechsköpfigen Band – Alexander Wolfinger (Gitarre), Heiko Dathe (Schlagzeug) und Gerhard Wolf (Hammondorgel) – sowie Bassistin Nadine Raab zollen der Flower-Power-Mode der 70er-Jahre in Schlaghosen oder mit Stirnband ihren Tribut.
Optisch ist „Yvolution“ somit recht nah am Stil der Zeit; musikalisch treffen die sechs Musiker den Sound der Schweden-Stars erstaunlich exakt – und das gilt keineswegs nur für den Sopran Agnetha Fältskogs und den Mezzosopran Anni-Frid Lyngstads.
Alexander Wolfingers eingestreute Gitarrensoli sind à la bonne heure, verraten seinen rockigen Background, den er, mit eigenen Worten, von Bon Jovi über „Rainbow“ bis „Deep Purple“ spannt.
Spannender Repertoirebogen
Tastenmann Gerhard Wolf gibt den Abba-Titeln mit einem Orgel-Eigenbau mit Synthesizer den passenden Klang, in den er sechs Wochen Arbeit investiert hat.
Heiko Dathes Schlagzeug und Nadine Raabs Bass treiben und pushen die Band-Performance zuverlässig, zielstrebig und druckvoll. Bereits im zweiten Set hält es einzelne Konzertgäste – etwa bei „Super Trouper“ oder Voulez vous“ nicht mehr auf den Sitzen. Im dritten und letzten Konzertabschnitt – zu „Waterloo“, „Dancing Queen“, „Does Your Mother Know“ oder „Summer Night City“ – tanzen die meisten.
Kurz: Ein klasse „ABBAlution“-Auftritt. Was ohne jeden Abstrich übrigens auch für den ersten Set (ganz ohne Schweden-Songs) gilt, dessen spannender Repertoirebogen unvergessene Songs der Doobie Brothers, von Carlos Santana oder Janis Joplin enthielt.