Neuenbürg
Neuenbürg -  25.11.2020
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Emotionen kochen hoch beim Fall des Messerangriffs in Neuenbürg

Neuenbürg. Der Prozess gegen den mutmaßlichen Messerstecher aus Neuenbürg geht in die zweite Runde. Seit Dienstag muss sich der 31-Jährige vor dem Schwurgericht des Landgerichts Karlsruhe wegen versuchten Totschlags verantworten. Er soll Anfang Juli in die Wohnung des Ex-Mannes seiner Frau eingedrungen sein und diesen mit einem Jagdmesser angegriffen haben. Am Mittwoch sagte die 35-jährige Frau des Angeklagten im Zeugenstand aus. Mit ihrer ganz eigenen Version des Streits vor Ort widerspricht sie nicht nur den anderen Zeugen, sondern sogar ihrem Mann. Über ein entscheidendes Detail herrscht währenddessen immer noch Unklarheit.

Aussage gegen Aussage?

Mit psychischen Probleme hätte sie schon lange zu kämpfen, sagt die Frau des Angeklagten vor Richter Fernando Sanchez-Hermosilla. Am Tag der Tat sei sie felsenfest davon überzeugt gewesen, dass ihr zwölfjähriger Sohn von ihrem Ex-Mann entführt worden sei, nachdem er von einem Spaziergang nicht nach Hause gekommen sei.

„Ich hatte Panik“, sagt die Frau, die sich in der Vergangenheit immer wieder in Psychotherapie begeben hatte.

Auf ihr Zutun sei sie dann mit ihrem Mann sofort zu der Wohnung ihres Ex gefahren, wo die Situation eskaliert sei – allerdings nicht wie von allen anderen Zeugen bisher behauptet, weil ihr Mann sich Zutritt zu der Wohnung verschaffen wollte, sondern weil ihr Ex-Mann direkt an der Türe auf den Angeklagten eingeschlagen hätte. Nicht einmal der Angeklagte selbst hatte das behauptet, sondern gab zu, trotz Widerstands in die Wohnung gewollt zu haben.

Eigentlich hätte der Tag anders ablaufen sollen, so die Frau, denn es war ein ganz besonderer Tag. „Mir ist an meinem Hochzeitstag alles genommen worden. Mein Kind und mein Mann.“ Der Mann sitzt wegen der Aktion derzeit in U-Haft und das Kind bleibt auf eigenen Willen beim Vater. Dabei brach auch der 31-jährige Angeklagte im Saal in Tränen aus.

Nach wie vor scheint die wichtigste Tatsache im Prozess zu sein, wann genau das Messer zum Einsatz kam. Die Zehn-Zentimeter-Klinge wurde extra noch einmal im Gerichtssaal begutachtet – und die Richter haken nach. Entweder der 31-Jährige zog es im Flur stehend aus der Scheide und hat dann versucht, zuzustechen. Oder die beiden Männer sind bereits im Gerangel zur Tür hereingefallen und der Angeklagte – das ist seine Version der Geschichte – habe auf dem Boden das Messer aus der Tasche gezogen, um sich zu verteidigen.

Wer was gesehen hat

Weder die beiden Ehefrauen, die mit vor Ort waren, haben diesen Moment sehen können, noch zwei Nachbarinnen, die am Mittwoch ebenfalls vor Gericht befragt wurden.

Klarheit könnten am kommenden Dienstag die anwesenden Kinder der Opferfamilie bringen. Diese sollen unüblicherweise über Video direkt aus ihrem Haus in den Gerichtssaal zugeschaltet werden.

Autor: heg