Faszination von Figur und Raum: Ausstellung „Ortszeit“ eröffnet im Schloss Neuenbürg
Neuenbürg. Spannendes Spiel mit der Seherfahrung und verschiedenen Bildebenen, skulpturale Interpretationen oder auch malerische Zugänge: Mit völlig unterschiedlichen, vielschichtigen und überraschenden Herangehensweisen hinterfragen die 26 ausstellenden Künstler die Verbindung von „Figur und Raum“. So lautet das Thema der zwölften „Ortszeit“-Wanderausstellung, die von kommendem Sonntag an zunächst im Schloss Neuenbürg zu sehen ist.
Es geht ums Erschließen einer der grundlegenden Fragestellungen in der Kunst: dem Wahrnehmen eines optischen Gebildes und dessen Bezug zu seiner Umgebung, wie die Organisatorin und Kunsthistorikerin Tanja Solombrino ausführt.
Die zweidimensionalen Arbeiten zeigen skizzenhaft erfasste, gezeichnete Formen, leichte aquarellierte Momentaufnahmen, farbgewaltige Gemälde und unorthodoxe Fotografien. Mit einfachen Linien, etwas Naht und Zwirn hinterfragt beispielsweise Ulrich Seibt in übereinandergelegten, kulissenartig zusammengeschobenen Bildebenen, was Raum bedeutet. Faszinierend auch Svenja Kissmers mit geschwungenem Pinselstrich aufgetragener Akt. Aus Ruth Kaspers flächiger, farbsatter Acrymalerei scheinen die Figuren geradezu herauszuspringen. Eine besondere Raumerfahrung eröffnet Thomas Sterzers großformatige, düstere Arbeit aus pechschwarzem Theater-Samt. Muriel Shah hat aus kleinen Zigarilloschachteln eine stimmige Collage mit abstrakten und gegenständlichen Motiven gestaltet. Mit beeidruckenden Plastiken, leuchtender Neonschrift sowie Bildwerken zwischen Gegenstand und Abstraktion beziehen einige dreidimensionale Werke der „Ortszeit“ die Umgebung mit ein.
„Eine schöne Zusammenstellung auch neuerer Künstler, die man noch nicht so kennt“, fasst Andrea Schumacher als Vertreterin des Kulturamts des Enzkreises ihre Eindrücke zusammen. Von den Jahrgängen 1940 bis 1998 sind die Kunstschaffenden zudem altersmäßig bunt gemischt, vom Studenten bis zum Etablierten. Frauen sind etwa doppelt so stark vertreten wie Männer. Die Fachjury hat in diesem Jahr drei Kreative ausgewählt. Sie teilen sich den von der Baugenossenschaft Arlinger gestifteten, mit insgesamt 3000 Euro dotierten Kunstpreis: Dinah Günther (Malerei), Nastassia Atrakhovich (Fotografie) und Bernd Hennig (Skulptur).
Die „Ortszeit“ ist eine Initiative des Pforzheimer Kulturrats, die seit 1993 meist im Zweijahrestakt stattfindet. Damals war die Idee, einen Wettbewerb zu schaffen, der Künstlern aus Pforzheim und dem Enzkreis eine Plattform bietet. Seit 2001 ist die gesamte Region Nordschwarzwald dabei. Die Ausstellung, sagt Solombrino, gibt einen Überblick über das hiesige, zeitgenössische Kunstschaffen und spürt dessen stilistischen Veränderungen und Tendenzen nach.