Gott auf der Anklagebank
Neuenbürg. Gerade hatte er sein Theologie-Studium beendet, da stirbt die Mutter mit nur 47 Jahren. „Ich dachte, es zerreißt mein Herz“, beschreibt Wilfried Härle diesen Schicksalsschlag rückblickend.
Der gläubige Methodist verliert sein Vertrauen in Gott. Sieben Jahre bleibt der heute 77-Jährige Atheist. Doch er findet zurück und wird Professor für systematische Theologie an der Universität Heidelberg. Nun sprach er in der Veranstaltungsreihe „Bibel im Gespräch“ im Neuenbürger Gemeindehaus am Schlossberg über die Frage: „Wie kann Gott Leid zulassen?“ 110 Besucher folgten dem einstündigen Vortrag, in dem Härle einen kurzweiligen, theologisch-philosophischen Abriss der Theodizee-Frage vom antiken Griechenland über das Buch Hiob und die Passion Christi bis zu Martin Luther präsentierte.
Immer wieder wurden in der Geschichte Überzeugungen, wie die des Philosophen Leibniz, dass unsere Welt „die beste aller möglichen Welten“ sei, durch Naturkatastrophen wie den Tsunami von Lissabon 1755 untergraben. 30000 Menschen kamen damals ums Leben. Härles Appell, wie der Mensch mit dem Leid umgehen soll, fällt am Ende eindeutig aus: „Es kommt mir kindisch vor zu sagen: Ich will keinen Schmerz empfinden. Das Leid ist da. Nur die Hoffnung auf Gott kann es erträglich machen.“ Seit fünf Jahren organisieren Dekan Joachim Botzenhardt und sein Team das immer beliebter werdende Angebot.