Neuenbürg
Neuenbürg -  04.08.2019
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Mitten im Mittelalter: Spectaculum in Neuenbürg zieht Tausende Neugierige an

Neuenbürg. Wenn Familie Kleinecke einen Wochenendausflug macht, dann nicht so, wie die meisten sich das wohl vorstellen. Vater Detlef wirft sich nämlich ins Gewand und packt die Gaukler-Gitarre ein. Mutter Ursula richtet das Holz für die Kochstelle und Sohn Simon holt gerne mal das Schwert zum Kampf heraus. Seit 15 Jahren leben die Heimsheimer das Mittelalter – am liebsten schlagen sie ihr Lager auf Märkten wie dem Spectaculum auf, das am Wochenende im Schlossgarten Neuenbürg stattfand.

Biersuppe oder Wildschwein-Gulasch mit Gemüse. Wenn auf dem Lagerfeuer der Topf dampft, dann gibt es nur Gerichte, die so schon vor 1000 Jahren gekocht wurden. „Wir haben auch kein fließendes Wasser und müssen uns meist aus dem Kanister waschen“, erklärt Detlef Kleinecke das möglichst authentische Leben, das er und seine Familie über das Wochenende auf Schloss Neuenbürg führt. Hier heißt er auch nicht Detlef, sondern Baldur von Klaffstein und hat ein eigenes Familienwappen. „Klaffstein, weil so unser Wohngebiet in Heimsheim heißt“, fügt er mit einem Lachen hinzu. Auf der Bühne tritt er mit seiner Band „Martinsvögel“ auf – und lässt die Zuschauer zu Tröten, Trommeln und Geigen schunkeln. „Durch meinen Job bin ich viel gereist und war unter der Woche weg“, erzählt Kleinecke den Hang zum ungewöhnlichen Hobby, „am Wochenende bin ich aufs Motorrad gestiegen. Irgendwann wollten wir was finden, das wir als Familie gemeinsam machen können.“ Die drei übernachten in einem großen Zelt mit Betten aus zusammengestecktem Holz. Davor ist für sie und die Nachbarn eine riesige Tafel aufgebaut. „Angefangen haben wir damals mit einem Mini-Zelt und einer Luftmatratze“, erinnern sich die Kleineckes.

Auf dem Markt gibt es allerlei zu entdecken. Hier lassen sich die Kinder schaurige Märchen erzählen, zwei ältere Damen binden ihren eigenen Besen, die Leute probieren Liköre und stoßen mit einem Glas Met an – und ein ganz mutiger Herr legt sich zum Tätowierer auf die Bank, der zum ersten Mal auf dem Spectaculum die Haut der Besucher nach alter Tradition verziert. „Mein Arm ist quasi die Tätowiermaschine“, erklärt Claus Neugart. Seinen Körper zieren lauter handgestochene Motive aus Samoa, Hawaii und Tahiti. Bis zu elf Stunden sticht der Tätowierer Farbe Punkt für Punkt mit einer an einem Holzstab befestigten Nadel unter die Haut.

Hier entsteht ein Symbol aus der nordischen Mythologie“, erklärt er. Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, wissen wahrscheinlich nur die beiden Hexenschwestern Jutta Maria Lunara und Sonja Katharina Benandanti. In ihren mystisch verhangenen Zelten sagen sie den Besuchern durch Kartenlegen und Handlesen die Zukunft voraus.

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Autor: Constantin Hegel