Neuenbürg
Neuenbürg -  14.05.2019
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Von Neuenbürg nach Korfu: Ein Goldschmied am Urlaubsstrand

Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Für den gebürtigen Neuenbürger Alexandros Pajatakis ist dieser Traum seit 25 Jahren Wirklichkeit. Er betreibt mit seiner Frau und zwei Angestellten ein Goldschmiede-Atelier auf Korfu, das er im Sommer auch für Goldschmiedeschüler, Designstudenten und nicht zuletzt für Urlauber öffnet, die ihr eigenes Schmuckstück herstellen wollen.

Alexandros Pajatakis blickt über sein altes Goldschmiedsbrett in Richtung Strand und kommt ins Schwärmen. Auf der Terrasse stehen Urlauber und unterhalten sich in Pforzheimer Dialekt. „Das sind immer schöne Begegnungen, und ich freue mich sehr darüber“, schwärmt der in Neuenbürg aufgewachsene Goldschmied vom Besuch aus der Heimat. Viele bleiben spontan, setzen sich ans Brett und gestalten aus Muscheln, Krebsscheren und sogar aus Legosteinen im Sandgussverfahren eigene Schmuckstücke. Alex ist immer wieder erstaunt, welchen Einfallsreichtum seine Gäste an den Tag legen, um ihre eigene schmucke Urlaubserinnerung zu gestalten. Aber dieser Teil seiner Werkstätte ist nicht alles, was den gelernten Goldschmied umtreibt.

Vor gut 25 Jahren kam die Idee auf, eine leerstehende Fläche im neuen Haus seines Vaters in Agios Georgios auf der Westseite der Mittelmeerinsel Korfu mit Leben zu erfüllen. Sein Freund Christian Guthmann ermutigt ihn, und so entstand Ilios.

Die Idee war einfach: im Sommer eine Schmuckwerkstatt und Galerie in einem Urlaubsgebiet zu betreiben. Dort, wo sich die Menschen Zeit nehmen, sich zu entspannen und es möglich ist, in lockerer Atmosphäre den Menschen zu begegnen. „Wir wollen den Besuchern Einblicke in unsere Arbeit gewähren, transparent machen, wie Schmuck hergestellt wird und wie sich Einzelstücke von Massenware unterscheiden“ betont Alex, der lobende Worte für seine Hobby-Goldschmiede nach den Urlaubsseminaren findet. „Es ist einfach schön, zu sehen, welche Freude unsere Gäste haben, wenn sie ihr eigenes Schmuckstück nach getaner Arbeit in Händen halten.

Das Schmuckprojekt Ilios, bekannt wurde es durch die Fernsehsendung „wunderschön“ im WDR, besteht heute aus Alexandros Pajatakis, seiner Ehefrau Machal und den beiden festangestellten Goldschmiedinnen Michelle Wendling und Lilly Selig. Alles ehemalige Schüler der Pforzheimer Goldschmiedeschule. Dazu ergänzen jedes Jahr Goldschmiede-Praktikanten und angehende Schmuckdesigner der Hochschule im Rahmen ihres Praxissemesters das Team. Sie können ihre Arbeiten in der angegliederten Galerie präsentieren und verkaufen.

Korfu ist weit weg von Pforzheim, doch die Kontakte zu den Kollegen sind nie abgebrochen, vieles läuft über die sozialen Netzwerke zusammen oder man trifft sich auf Schmuckmessen wie der Münchner „Inhorgenta“.

Der Goldschmied hat auch schnell gelernt, dass es auf Korfu nicht so paradiesische Zustände wie in der Goldstadt gibt. „Ich denke wehmütig an die Zeit in Pforzheim zurück, als ich schnell mal um die Ecke gehen konnte, um ein fehlendes Werkzeug zu holen. Aber man kann nicht alles haben. Mit der Zeit habe ich mir ein sehr gutes Netzwerk zu allen wichtigen Firmen aufgebaut, die Distanz erfordert etwas mehr Planung.“ Die Firma Fischer an der Berliner Straße unterstützt ihn seit vielen Jahren.

Auf seinem Grundstück steht ein Geländewagen mit PF-Kennzeichen, eine mobile Erinnerung an die alte Heimat. Wann Alex wieder mal nach Pforzheim und Neuenbürg kommt, das weiß er noch nicht. Eine arbeitsreiche Sommersaison steht ins Haus. Vielleicht im Herbst, wenn es auf Korfu ruhiger wird und die Touristen wieder zuhause sind. Um Spätzle und Maultaschen braucht er sich aber keine Sorgen machen. „Ich habe zwei verschiedene Spätzlepressen von meiner Mutter. Bei den Maultaschen wird es schon komplizierter. Manchmal bringt mir aber jemand Selbstgemachte aus Pforzheim mit. Da ist die Freude groß.“

Das ist Alexander Pajatakis 

Pajatakis wurde 1970 in Neuenbürg geboren. Nach der Mittleren Reife an der Realschule Calmbach folgte eine klassische Goldschmiedelehre an der Pforzheimer Goldschmiedeschule. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Bruder Oliver Pajatakis wohnt in Neuenbürg und produziert Holzmöbel. Alexandros Pajatakis’ Lieblingsplätze in der Goldstadt sind die Wälder, das Schmuckmuseum und der Küchentisch bei Uli Haass. Auf Korfu liebt er die Altstadt der Hauptstadt, den Olivenhain hinter seinem Haus und das verlassene Dorf am Berg Pantokrator. In seinem Haus gibt es vier Ferienwohnungen mit tollem Blick aufs Meer. Werkstatt und Galerie sind bis 28. Oktober geöffnet.

Das Schmuckprojekt Ilios

Vor 25 Jahren stand Alexandros Pajatakis mit vier Freunden vor dem Haus, das sein Vater zusammen mit dem Huchenfelder Bernd Nikolaus direkt am Strand von Agios Georgios gebaut hatte. Eine Ladenfläche war leer und spontan die Idee geboren, den Platz mit Leben zu erfüllen.

Inspiriert vom Kunstwerkhof „Zimmerhof“ in Bad Rappenau, in dem Alexandros viele Jahre mitgearbeitet hatte, entstand mit Christian Guthmann eine Goldschmiedewerkstatt. Ein Jahr später bauten elf Freunde in nur vier Wochen die Werkstatt samt Schmuckgalerie auf. IIios – das griechische Wort für Sonne – war geboren. Uli Haass, der spätere Leiter der Goldschmiedeschule, war damals schon mit von der Partie. Viele Freunde und Mitschüler folgten. Die Öffnung der Werkstatt während der Sommerferien ermöglicht den Urlaubern einen Einblick in die Arbeit der Schmuckschaffenden. Die Idee, mit den Besuchern ein gemeinsames Schmuckstück zu fertigen, kommt bei den Gästen gut an.

So ist er zu finden:

www.ilios-living-art.com – Agios Georgios/Pagi, Kerkyra 490 83, Griechenland – GPS für Navi: N 39.7131386 - O 19.6810513

Autor: Gerhard Ketterl