Arbeitseinsatz unter Tage: Neues Schutznetz im Besucherbergwerk Neuenbürg angebracht
Neuenbürg. Eng und feucht ist das Bergwerk in Neuenbürg. Auf geschotterten Wegen werden Besuchergruppen 200 Meter weit in den Berg geführt und erfahren alles über die Geschichte der Eisenerzgewinnung. Was die Besucher nicht sehen: Eigentlich ist der Stollen doppelt so lang. Doch dort, hinter dem schweren Eisengitter, liegt kein Schotter mehr.
Die Gänge werden bis zu 50 Zentimeter schmal und sind an manchen Stellen nur einen Meter hoch. Es brennt kein Licht, teilweise steht das Wasser zehn Zentimeter hoch. Mit Schutzkleidung, Helm und Stirnlampe stiegen am Samstag erfahrene Bergarbeiter und ihre Azubis aus dem Salzbergwerk Bad Friedrichshall hinunter in die Dunkelheit. Ihre Aufgabe: Einen der Gänge mit Metallnetzen verhängen – aus der Decke drohen Felsen abzubrechen.
Sicherung für Abenteuertour
Dass dazu noch Muskelkraft gebraucht wird, merken die Lehrlinge der Bergbautechnik schnell. „Bei uns haben wir eine Deckenhöhe von zehn Metern und großes Gerät“, erklärt Azubi Lukas Koch, „hier ist es eng und wir müssen alles von Hand hereintragen.“ Dass die Arbeiter in Neuenbürg sind, macht eine Kooperation des Besucherbergwerks mit dem Salzbergwerk möglich. „Wir haben hier den kompletten Gegensatz zum modernen industriellen Bergbau“, sagt Jürgen Göbel vom Besucherbergwerk, „da lernen die Jungen wie früher traditionell der Abbau betrieben wurde.“ Eine Bohrmaschine ist das einzige elektrische Gerät, das zum Einsatz kommt. Auf dem Boden liegt noch der Schwerspat, den die letzten Arbeiter 1868 aus dem Berg geschlagen haben.
Zehn Mal im Jahr schaut so der Untertage-Nachwuchs für einen Tag im Schwarzwald vorbei. Diesmal wartet eine Spezialaufgabe auf die erfahrenen Berufsbergarbeiter wie Ausbildungsleiter Achim Zucknick. Mit einem Gitter aus Metall muss ein Teil des Ganges überhängt werden, der tief im Berg liegt. Göbel zeigt die Stellen im Gestein, die drohen, herauszubrechen. Vor vier Jahren wurde dieser Teil des Stollens gesperrt – die Kontrolleure, die damals unangekündigt das Bergwerk begutachteten, sagten: Dort muss gesichert werden. Spätestens ab Mitte Oktober wollen Göbel und der zweite Vorsitzende Andreas Seebacher die abseitigen Wege für eine „Abenteuertour“ freigeben.
Was die zukünftigen Besucher nicht haben sollten: Angst vor Enge oder Dunkelheit. Am Ende kann sogar in ein fünf Meter langes und nur dreißig Zentimeter hohes Loch gekrochen werden. Zuvor passiert man über ein Holzbrett eine mit Wasser vollgelaufene Grube. Dort schürften vor über 200 Jahren die Arbeiter nach Eisenerz – und das frei der Nase nach: Manche Schächte hören nach wenigen Metern auf, dieser erste Stollen führt dagegen 400 Meter in den Sandsteinberg. Die Berglage und Gesteinsart sorgen dafür, dass die Gänge normalerweise nicht gestützt werden müssen – die Brocken verkeilen sich auf natürliche Weise gegenseitig. Durch geologische Bewegung kann es aber passieren, dass Steine den Halt verlieren und drohen, sich zu lösen. Über 25 Meter wird deshalb das metallene Netz angeschraubt, das zweieinhalb Tonnen Gestein auf den Quadratmeter abfangen kann.
Hätte sich Azubi Koch unter diesen Bedingungen aus dem Jahre 1800 auch für den Job entschieden? „Es ist zwar körperlich anstrengend und feucht, aber ich mag das“, sagt der 20-Jährige: „In Höhlen war ich auch schon immer gerne unterwegs.“
