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Maulbronn -  17.09.2018
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Blockflöten-Konzert mit Stefan Temmingh und dem Capricornus Consort Basel in Maulbronn

Maulbronn. Woher nimmt Stefan Temmingh nur den Atem für sein atemberaubend schönes Blockflötenspiel? Für die Laufwerk-Kaskaden, die das atemlos lauschende Publikum in Staunen versetzen? Neben seiner mirakulösen Atemtechnik fasziniert auch der optische Eindruck. Schwerelos gleiten die Finger über die Grifflöcher der Flöten, in kraftvollen Atemschüben lösen sich klangintensive Tonakzente.

Begeisterndes Konzert

Die Musikfreunde waren begeistert und erlebten im ausverkauften Laienrefektorium des Maulbronner Klosters ein weiteres mitreißendes Konzert. Wieder kam zum Genius loci der Genius musici hinzu. Von prächtigen instrumentalen Kränzen umflochten, für die sich das Ensemble Capricornus Consort Basel mit Barockviolinen, Barockviola, Cello, Violone und Cembalo wirkungsvoll in Szene setzte, präsentierte Temmingh ein fantasievoll zusammengestelltes Programm. Die für das Consort bearbeiteten Orgelchoräle und Klaviersonaten von Johann Sebastian Bach wurden mit sechs Blockflötenkonzerten von Antonio Vivaldi eingeleitet. In deren Soloparts lebte Temmingh mit verschieden mensurierten Flöten sein springlebendiges Virtuosenhandwerk aus. Dabei brachte der Solist die Farbenmischung seiner Instrumente, die sprudelnde Freude, aber auch Melancholie und süßen Schmerz mit großartiger Einfühlung zur Geltung.

Zu den Höhepunkten zählte die Wiedergabe von Vivaldis Concerto Nr. 3 in D-Dur (RV 428) „Il Gardellino“ (Der Distelfink), in dem der Komponist das damals berühmte gleichnamige Gemälde von Carel Fabritius mit lautmalerischen Mitteln nachgestaltet hat: Im einleitenden Allegro konnte man den hell trillernden Jubelton, dann im Cantabile die in dunklen Klangbögen und Haltetönen ausgebreiteten Klagen des domestizierten Vögelchens hören.

Heiter der Ton im Allegro Molto des Concerto RV 312, das Temmingh mit seiner Sopranblockflöte vortrug, traurig schön das Largo im Concerto RV 441 mit Altblockflöte. In den schnellen Ecksätzen des G-Dur-Konzertes RV 443 zelebrierte der famose Blockflötist ein funkensprühendes Feuerwerk. Über dem drunten tönenden Continuo-Ensemble zwitscherten hohe Flöten-Skalen und schäumten im Tempo-Rausch.

Freilich repetieren die Vivaldi-Flötenkonzerte mehrfach ihre Klangbilder. Strawinsky, der einmal polemisch bemerkte, der venezianische Barockmeister habe nur ein einziges Konzert geschrieben, hatte in gewisser Weise Recht. Einen anderen Vivaldi zeigte deshalb das in den Programmablauf eingefügte, eher kammermusikalisch leise Concerto RV 93 für Laute, Streicher und Basso continuo, mit dessen feinfühliger Interpretation sich Solist Julian Behr und das Consort aus Basel auszeichneten.

Nach Bockshorn benannt

Die auf Barockmusik spezialisierte Gruppe nennt sich nach dem Komponisten Samuel Friedrich Bockshorn, der seinen deutschen Namen zu „Capricornus“ latinisierte. Ins Bockshorn ließ sich indes an diesem Abend niemand jagen, die Blockflöten sorgten vielmehr für frisch atmende, befreiende Weite.

Autor: Eckehard Uhlig