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Mühlacker -  13.09.2024
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Droht jahrelange Hängepartie um das Lienzinger Pfarrhaus? Gespräche zwischen Land und Kirche gefordert

Mühlacker-Lienzingen/Stuttgart. Seit zehn Jahren steht das evangelische Pfarrhaus in Lienzingen leer. Interessenten, die das Gebäude sanieren und wieder nutzbar machen wollen, gibt es zwar, allerdings gestaltet sich ein Verkauf schwierig, weil auf dem kirchlich genutzten Gebäude aus Sicht des Oberkirchenrats eine aus Reformationszeiten stammende Baulast liegt, die seitens des Landes Baden-Württemberg erst abgelöst werden müsste. Dabei könnte man das Gebäude in Zeiten akuter Wohnungsnot gut gebrauchen.

Das Tauziehen um das leerstehende Lienzinger Pfarrhaus schlägt Wellen.
Das Tauziehen um das leerstehende Lienzinger Pfarrhaus schlägt Wellen. Foto: Günter Bächle

Deshalb hat sich der Mühlacker CDU-Stadtrat Günter Bächle an die Landtagsabgeordneten des Enzkreises, Erik Schweickert (FDP) und Stefanie Seemann (Grüne), gewandt. Schweickert startete jüngst eine Anfrage im Landtag an das Finanzministerium und kam aufgrund der Antworten zu dem Schluss, dass die Lösung des Problems zeitnah wohl nicht geschehe. Mit den Worten, es sei „nicht im finanziellen Interesse des Landes, ein Pfarrhaus abzulösen, in dem Wissen, dass dieses umgehend veräußert werden soll und somit für die Kirche zweimal einen Erlös erzielt“, mache das Ministerium, laut Schweickert, vielmehr deutlich, dass es eine Ablösung der Baulast unter den gegebenen Voraussetzungen ablehnt.

Als Lösung schlage man zwar eine einvernehmliche Beendigung der Baulast nebst einer Aufteilung eines Verkaufserlöses vor, betont Schweickert in einer Mitteilung. Mit Blick auf die bisherige Haltung des Oberkirchenrats, der auf einer ordentlichen Baulast-Ablösung inklusive Ablösezahlung des Landes besteht, scheint dies für den FDP-Politiker aber unwahrscheinlich. Die Lage für alle Beteiligten sei „unbefriedigend“.

„Eigentlich sollte jedem klar sein, dass das Gebäude dringend saniert und wieder bewohnbar gemacht werden sollte. Die evangelische Kirchengemeinde Mühlacker benötigt das Gebäude nicht mehr, während die Stadt natürlich ein Interesse daran hat, Wohnraum zu schaffen.Ich kann deshalb allen nur raten, sich an einen Tisch zu setzen und nach einer Lösung zu suchen, denn auch die Sanierungskosten werden mit der Zeit steigen“, appelliert der Liberale. Nach Angaben des Finanzministeriums sei mit Einverständnis der Kirchengemeinde etwa auch eine Vermietung möglich. Doch der marode Gebäudezustand lasse dies aktuell nicht zu, so Schweickert. Eine Sanierung werde das Land wegen seiner Rechtsauffassung bei der Baulast nicht durchführen.

„Beide Seiten müssen sich bewegen. Andernfalls steht das Pfarrhaus auf absehbare Zeit leer und droht zu einem Schandfleck mitten in Lienzingen zu werden“, befürchtet Schweickert eine „Hängepartie“ und weist darauf hin, dass das Pfarrhaus nicht priorisiert sei, zumal im Land noch rund 1000 kirchliche Lastengebäude auf ihre Ablösung warteten und die Geldmittel knapp seien.

Auch die Grünen-Abgeordnete Stefanie Seemann hat Kontakt zu Oberkirchenrat und Landesministerium aufgenommen. Sie fordert ebenso, dass beide Parteien wieder miteinander verhandeln, statt unbeirrbar auf ihren Rechtspositionen zu verharren.