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Pforzheim -  16.05.2024
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„Dschungelkind“ Sabine Kuegler im PZ-Forum: Eine Reise zwischen Leben und Tod

Pforzheim. Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen: Sabine Kuegler haucht diesem Satz des Dichters Matthias Claudius am Mittwochabend im ausverkauften Autorenforum der „Pforzheimer Zeitung“ Leben ein. Denn die 51-jährige Bestseller-Autorin hat viele Reisen unternommen: zwischen dem tiefsten Dschungel Papa Neuguineas und dem Westen, zwischen Steinzeitkultur und hoch entwickelter Zivilisation, zwischen Leben und Tod.

Autorenforum Sabine Kuegler
Wort- und gestenreich erzählt Sabine Kuegler ihre Lebensgeschichte. Foto: Meyer

Kuegler, die 2005 mit ihrem Buch „Dschungelkind“ Millionen von Menschen weltweit begeisterte, erobert die Herzen ihres Publikums in Minuten. Ihre Lebensgeschichte sprudelt aus ihr heraus, während sie unablässig auf der Bühne hin und her wandert. „Ich kann nicht so lange sitzen, ich habe immer so viel Energie“, erklärt sie entschuldigend in die Richtung von PZ-Redakteur Thomas Kurtz, der als Moderator allein in der Sitzecke des Podiums zurückbleibt, es aber mit Humor nimmt.

So reist Kuegler also auf der Bühne des PZ-Forums umher und erzählt vom Aufwachsen beim Stamm der Fayu, einer Steinzeitkultur im tiefsten Dschungel West Papuas. Ihre Eltern, Sprachforscher und Missionare, siedelten dorthin über, als Kuegler sieben Jahre alt war. Wort- und gestenreich schildert sie, wie die Fayu sie zur Jägerin ausbildeten, ihre Instinkte schulten:

„Ich lernte dort, ohne Augen zu sehen, ohne Ohren zu hören und ohne Nase zu riechen.“ Sabine Kuegler

Noch heute könne sie dadurch alles und alle in ihrer Umgebung spüren. Ein Screening habe ergeben, dass in ihrem Gehirn Areale aktiviert und entwickelt seien, wie das bei anderen Menschen nicht der Fall sei.

Ihr neues Buch – „Ich schwimme nicht mehr da, wo die Krokodile sind“ – handelt aber in weiten Teilen von einer weniger glücklichen Zeit. Kuegler, die mit 17 Jahren den Dschungel verließ und in Deutschland heimisch wurde, erkrankte schwer:

„Die Ärzte kannten meine Krankheit tropischen Ursprungs nicht und gaben mir noch sechs bis acht Monate.“ -Sabine Kuegler

Das war im Jahr 2011. Sie beschloss, in den Dschungel zurückzukehren, weil sie dort den Ursprung der Krankheit vermutete: „Das war meine einzige Chance, ein Heilmittel zu finden.“ Und sie fand es – in Form des giftigen Saftes einer Baumrinde, nach vier langen Jahren und der „unglaublichsten, schmerzhaftesten und herzzerreißendsten Reise meines Lebens“, schreibt sie in ihrem Buch. Heute sei sie rundum gesund – und um viele Erkenntnisse reicher. Denn nicht nur ihr Körper, sondern auch Seele und Geist seien in den insgesamt fünf Jahren gereift.

Es sind die Kulturunterschiede, die Kuegler im Buch und an diesem Abend in Pforzheim immer wieder thematisiert. „Das weiß doch jeder, das ist doch selbstverständlich“ – Sätze wie diese „haben mich in Europa jahrelang verfolgt“ und auch gepeinigt. Denn in einem steinzeitlichen Dschungelstamm gelten andere Regeln, Gesten und Gepflogenheiten als im Westen. Sie habe sich immer gefragt, warum die Stammesmenschen zufriedener seien als die Menschen im Westen – und die Antwort auf ihrer Reise gefunden: „Weil sie nie alleine sind, eine stabile Gemeinschaft haben.“ Mit ihren vier Kindern, Freunden und Verwandten hat sich die Wanderin zwischen zwei Welten hier nun einen „Ministamm“ aufgebaut, sagt sie lachend und gibt dem Publikum mit auf den Weg:

„Nicht, was man hat im Leben, ist wichtig. Es sind einzig und alleine die Menschen, die wichtig sind.“ Sabine Kuegler

Autor: jo

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