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Pforzheim -  15.11.2025
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Ein Zweikampf, ein Schlag, Tränen beim Pforzheimer E-Juniorenfußballspiel – doch Strafen gibt es keine: Warum?

Pforzheim. Kürzlich bei einem E-Junioren-Spieltag in der Region: Zwei Zehnjährige geraten im Zweikampf aneinander. Einer geht zu Boden, rappelt sich wieder auf – und schlägt seinem Gegenspieler mit der Faust ins Gesicht. Das Spiel läuft weiter, einige Außenstehende haben die Tätlichkeit gesehen.

Fair geht vor: Die meisten Spiele der jüngsten Fußballer verlaufen problemlos. Was ist aber, wenn es doch mal auf dem Platz knallt?
Fair geht vor: Die meisten Spiele der jüngsten Fußballer verlaufen problemlos. Was ist aber, wenn es doch mal auf dem Platz knallt? Foto: steevy84 - stock.adobe.com

Der geschlagene Junge kommt mit Tränen in den Augen und einer blutigen Lippe vom Feld, sein Vater nimmt ihn in den Arm und sucht nach dem Spiel das Gespräch mit dem Trainer der gegnerischen Mannschaft. Doch der wiegelt ab, will von der Aktion nichts gesehen haben, schiebt seinen jungen Spieler beiseite.

Eine Szene, die man im Kinderfußball eigentlich nie erleben möchte – und die Fragen aufwirft: Wie oft kommt so etwas im Juniorenfußball vor? Und warum bleiben solche Tätlichkeiten in den unteren Altersklassen meist ohne Konsequenzen – für die Spieler?

Während bei den Erwachsenen eine Tätlichkeit sofort die Rote Karte und eine Sperre nach sich zieht, scheinen Bambini-Spieler, F- und E-Junioren ohne Strafe davonzukommen.

Das Problem: Bei den Begegnungen der Bambini, F-, und E-Junioren gibt es keine Schiedsrichter. Erst ab den D-Junioren (Kreisliga) werden Unparteiische eingeteilt. „Ab der C-Jugend sind dann Schiedsrichter gesetzt“, gibt Schiedsrichter-Lehrwart Raphael Kastner gegenüber der PZ bekannt.

Bei den Jüngsten – also von den Bambini bis zu den E-Junioren – setzt man noch auf das Prinzip Selbstregulierung (Fairplay). Die Kinder – oder die Trainer – sollen kleine Rangeleien und Missverständnisse auf dem Platz möglichst selbst klären. Schließlich, so erklärt Jürgen Gutbub, Kreisjugendleiter für Pforzheim, stehe in diesen Altersklassen der Spaß am Spiel und das Miteinander im Vordergrund. „Hier geht’s nicht um Punkte oder Tabellenplätze – hier geht’s ums Spielen“, sagt er. Doch auch wenn’s offiziell um nichts geht, knallt’s trotzdem manchmal. Gutbub kennt derzeit zwei Fälle aus der Region, bei denen es auf dem Platz zu unschönen Szenen kam. Die betroffenen Vereine meldeten die Vorfälle an den Staffelleiter, das Sportgericht musste einschreiten.

„Ein Urteil zu fällen ist aber oft schwierig. Meist steht Aussage gegen Aussage – und es gibt weder Fotos noch Videos", 

erklärt Gutbub.

In seltenen Fällen greift das Sportgericht auf Aufnahmen aus sozialen Medien zurück, um sich ein Bild zu machen. „Aber das kommt wirklich nur ganz selten vor.“ Eine Sperre für einen Jugendspieler aus der Region? Davon weiß Gutbub nichts. Stattdessen werde häufiger zu einer Fairplay-Schulung des Deutschen Fußballbundes eingeladen – manchmal gemeinsam mit dem Trainer. „Solche Kurse gibt es übrigens auch für Erwachsene“, ergänzt er. Im Großen und Ganzen, betont der Kreisjugendleiter, verlaufen die meisten Jugendspiele völlig problemlos. Die eigentlichen Unruhestifter seien selten die Kinder selbst, sondern eher übermotivierte Trainer oder Eltern, die am Spielfeldrand zu laut werden. „Gerade sie sollten doch Vorbild sein und den Fairplay-Gedanken vorleben“, mahnt Gutbub. Und wenn ein junger Spieler tatsächlich mal die Nerven verliert, habe der Trainer ja ein einfaches Mittel: „Er kann ihn vom Platz nehmen – oder auch mal gar nicht erst einwechseln.“ Eine klare pädagogische Botschaft an jene Nachwuchskicker, die glauben, sich schon wie einige Profis aufführen zu müssen.

Zum Schluss noch: Welche Konsequenzen hatte der eingangs erwähnte Vorfall beim E-Juniorenspiel?

Wie die PZ erfuhr, meldete der betroffene Verein den Schlag ins Gesicht eines Spielers dem Verband. Das Sportgericht nahm sich des Falls an, forderte eine Stellungnahme des Gegners an, hörte diese – und stellte das Verfahren anschließend ein. Eine weitere Anhörung des „geschädigten“ Vereins fand dem Vernehmen nach nicht statt.

Hintergrundinfo: 

Auch bei den E-Junioren gibt es nun die Gelb-Rote Karte – doch gebraucht wird sie eigentlich nicht. Seit der Saison 2025/26 gilt im Juniorenfußball (ab den E-Junioren) des Badischen Fußballverbands eine Neuerung, die man bisher nur aus dem Erwachsenenbereich kannte: die Gelb-Rote Karte.

Das Prinzip ist klar: Einmal Gelb – zum Beispiel für ein Foulspiel – und beim nächsten Vergehen heißt es Gelb-Rot, Platzverweis! Grundlage für die Anpassung ist eine verbindliche Regelreform des International Football Association Board (Ifab). Doch anders als bei den Profis hat die Gelb-Rote Karte im Jugendbereich eine wichtige Besonderheit: Sie ist nur eine Matchstrafe. Das bedeutet: Der Spieler muss zwar vom Feld, bekommt aber keine Spielsperre für kommende Partien.

Auch Trainer und Betreuer sind nicht außen vor. Wer sich zweimal Gelb abholt, sieht ebenfalls Gelb-Rot – und bekommt zusätzlich ein Ordnungsgeld. Neben der Gelben Karte bleibt im Jugendfußball aber die fünfminütige Zeitstrafe bestehen – allerdings nur in speziellen Situationen.

„Die Zeitstrafe verbunden mit der Gelben Karte wird bei vier Vergehen verhängt“,

erklärt Raphael Kastner, Schiri-Lehrwart aus Pforzheim.

Dazu zählen: Simulieren, Täuschen (zum Beispiel bei der Ausführung eines Strafstoßes), absichtliche Spielverzögerung und Protestieren.

„Die neue Regelung ist wohl noch nicht bei allen angekommen“, räumt Kastner ein. „Das muss sich erst einspielen.“ Nach PZ-Informationen halten viele Vereine im Fußballkreis Pforzheim nämlich ihre E-Juniorenspiele ohne Unparteiischen, also jemandem, der das Spiel leitet und die Gelbe und Rote Karte bei sich hat, ab. Sie verfahren noch, wie bei den Bambini und F-Junioren, auf die Fairplay-Regelung. Kastner bleibt aber entspannt. Im unteren Juniorenbereich gebe es ohnehin kaum Unsportlichkeiten, weiß er.

Wer sich jetzt noch fragt, ob es auch schon Rote Karten bei den Jüngsten gibt? Ja, die gibt es tatsächlich – auch bei den E-Junioren für schwere Vergehen.