Ein bisschen Abschied: Wolfgang Scheidtweilers Generationswechsel im „Parkhotel Pforzheim“ und den Brauereien
Pforzheim. Es war wortwörtlich unglaublich, was kurz vor Weihnachten als Gerücht aufkam: Wolfgang Scheidtweiler, Chef der Brauerei Brauhaus und des „Parkhotel Pforzheim“, zieht sich aus der Führung dieser beiden Unternehmen zurück. Mehr noch: Er werde künftig nicht mehr so oft in Pforzheim sein, womöglich seinen Lebensmittelpunkt an den Bodensee verlagern. Kaum vorstellbar angesichts von Scheidtweilers zahlreichen Aktivitäten, Netzwerken und, ja, auch Positionen zur Stadtentwicklung bis in jüngste Zeit, als er seine Sympathie für einen Erhalt des denkmalgeschützten Technischen Rathauses erklärte. Oft hat er sich für historische Gebäude in der kriegsversehrten Stadt starkgemacht. Hat mit der Steuereinnehmerei („Lehners Wirtshaus“), neben der Schlosskirche den einzigen historischen Wiederaufbau Pforzheims betrieben.
Hat in Dillweißenstein das klassizistische, schlossartige Anwesen Villa Trautz in ein Boardinghouse verwandelt. Er hat sich – vergebens – für eine Bewerbung Pforzheims als Kulturhauptstadt verkämpft. Er hat das Industriedenkmal Gasometer zum Publikumsmagneten ausgebaut und Macher Wolfgang Trautz den German Cup der Heißluftballone wiederbeleben lassen. Kurzes Durchschnaufen, dann die Frage: „Herr Scheidtweiler, stimmt das, dass Sie sich verabschieden?“ Tut es. Ein Stück weit. Das Ehepaar Scheidtweiler hat bestimmte Positionen abgegeben.
„Meine Frau wird kommendes Jahr 80, ich das Jahr darauf“, begründet der Diplom-Braumeister und Diplom-Ingenieur für Getränketechnik.
„Im Kreis der ,Parkhotel‘-Gesellschafter wurde der Wechsel in den vergangenen Monaten vollzogen“, berichtet Scheidtweiler, hin zu Jüngeren.
Geschäftsführer wurden die Anteilseigner Jean-Marc Weiser, Andreas Ruf sowie Scheidtweilers Tochter Dorothee. Bei den Brauereien der Familie tragen nun ebenfalls Dorothee Scheidtweiler, dazu Schwiegersohn Johannes Schweitzer und Scheidtweilers Patensohn Lionel Berger die Verantwortung.
„Wir behalten unser Haus“
Am wenigsten trifft die Verlagerung des Lebensmittelpunkts von Pforzheim weg zu. „Wir behalten unser Haus“, sagt Wolfgang Scheidtweiler, darüber habe das Ehepaar gerade dieser Tage gesprochen. Dass er sich häufig anderswo aufhalte, sei nichts Neues. „Mein Lieblingsplatz ist mein Auto“, verrät der 78-Jährige. „Da kann ich am besten telefonieren“. Auf den stundenlangen Fahrten zu seinem Gästehaus Kloster Steinfeld, unweit seiner elterlichen Brauerei Gemünd etwa, Keimzelle von allem, wo er Brauer lernte – und wie hart das Geschäft sein kann.
„Mein Vater und ich sind von Haus zu Haus gezogen und haben unser Bier verkauft“, erinnert er sich.
Damals habe es in der Eifel 23 Brauereien gegeben, zwei blieben – die große Bitburger und seine Gemünder.
Neben Standorten in der eher näheren Umgebung Pforzheims, von Rastatt und Karlsruhe bis hin zum neuesten Vorhaben einer Weinerlebniswelt in Schloss Brackenheim – sind die Scheidtweilers mehrfach am Bodensee aktiv, in Konstanz und am gegenüberliegenden Ufer. Ganz neu hinzugekommen ist unterhalb der Klosterkirche Birnau das Schloss Maurach als hotelartiges Gästehaus. „Das machen dann meine Frau und ich“, sagt Scheidtweiler – wie überhaupt fast jedes der Hotels mit seiner Beteiligung eine andere Eigentümer-Struktur hat.
Nach Rückzug, gar nach Ruhestand, klingt das alles nicht. Nicht seine Fürsorge für die Mitarbeiter, der Stolz auf die Integrationsleistungen der vielen mit Migrationsgeschichte, die Überlegungen für weitere Fördermöglichkeiten. Auch nicht die Weiterverfolgung seiner klaren Linie, dass Bier jeweils vor Ort gebraut werden müsse – und zentral abgefüllt werden könne. Das hat dann auch Auswirkungen aufs Pforzheimer Brauhaus. Dort entsteht eine neue Brauanlage. Die verlagerte Abfüllung indes macht Flächen frei. Unter anderem für eine Kita.
Weiter für Technik zuständig
Genausowenig nach Rückzug klingt sein Hinweis, dass seine Frau und er sich im „Parkhotel“ vorbehalten, darauf hinzuweisen, wenn etwas aus ihrer Sicht nicht gut läuft.
„Ich bleibe außerdem der für die Technik Zuständige“, sagt Scheidtweiler, es gebe keinen Anderen in der Gruppe mit seiner Ausbildung.
Es soll ihm schließlich nicht gehen wie manchen älteren Rotarier-Freunden, bei denen sich alles um die Wahl des richtigen Arztes, optimalen Golfplatzes oder darum drehe, wo man sich zum nächsten Essen treffe.
