Gemeinden der Region
Aufreger -  02.02.2020
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Erbitterter Widerstand gegen Wohnprojekt zwischen Hachelallee und A8

Pforzheim. Im Namen von Hunderten Bewohnern und Gartenbesitzern meldet sich nach eigenen Angaben die Bürgerinitiative (BI) Nord zu Wort. Diese wollten sich „nicht von Frau Schüssler vorschreiben lassen, wie sie zu leben und zu wohnen haben“, heißt es in der Mitteilung, die sich auf eine Vorlage von Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler zur Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am Mittwoch, 5. Februar, 16 Uhr, bezieht, in der es um „Wohnen im Norden“ geht. Die BI weist auf mutmaßliche Fehler bei der Konzeption und im Vorgehen hin und kündigt an: „Wir, die Bewohner, werden uns massiv dagegen wehren.“

Zwischen Hachelallee und Autobahn soll nach Vorstellungen der Stadt Pforzheim neuer Wohnraum entstehen. Die Bürgerinitiative Nord fürchtet, dass die dort bereits lebenden Menschen die Erschließungskosten nicht tragen könnten. Foto: PZ-Archiv
Zwischen Hachelallee und Autobahn soll nach Vorstellungen der Stadt Pforzheim neuer Wohnraum entstehen. Die Bürgerinitiative Nord fürchtet, dass die dort bereits lebenden Menschen die Erschließungskosten nicht tragen könnten. Foto: PZ-Archiv

Warum gibt es Streit?

Die Stadtverwaltung will ein großes Gebiet nahe der Wilferdinger Höhe, insbesondere die Streusiedlungen nördlich der Hachel- und Wolfsbergallee, mit Blick auf eine mögliche Wohnbebauung untersuchen. Eine Erschließung würde für die bisherigen Bewohner hohe Kosten verursachen und teilweise gar den Bestand gefährden. Dagegen formiert sich Widerstand, der bei der Veranstaltung „Wohn-Bar“ zur Bürgerinformation deutlich zutage trat. Fast das gesamte Gebiet zwischen Hachelallee und A8 befinde sich in privatem Eigentum, so die BI. Dies wolle Schüssler nun „mit der Brechstange ändern“ und den jetzigen Bewohnern „ihre Existenz entziehen“. Man sei aber nicht bereit, das Eigentum „für Frau Schüsslers Visionen aufzugeben“.

Wer wehrt sich da?

Menschen, die dort seit Generationen wohnten, schreibt die BI, darunter auch Architekten, Ärzte, Ingenieure und Unternehmer. Auch die Eigentümer von Wochenend- und Gartenhäusern brauchten „Frau Schüsslers neue Wohnformen“ in diesem „völlig intakten Quartier“ nicht, das bereits jetzt „smart, grün und nachhaltig“ sei.

Woran macht sich grundsätzlich die Ablehnung fest?

Die BI wirft Schüssler das Weglassen von Fakten sowie „fehlerhafte Darstellungen“ vor. Damit beziehen sich die Kritiker auf den vom Baudezernat eingeräumten „unglücklichen Fehler“, sich in einer ersten Vorlage zur Darstellung potenzieller Wohnbauflächen auf veraltete Daten berufen zu haben. Schüssler gehe der Diskussion mit Betroffenen aus dem Weg und wolle „Unsummen“ an externe Planungsbüros verschwenden. Tatsächlich soll der Gemeinderat 300.000 Euro für solche Leistungen freigeben. Die BI erkennt bei der Bürgermeisterin und ihren Planern „Überheblichkeit“ und „arrogantes Verhalten“ und befürchtet, Grundstücksbesitzer könnten mit so geringen Summen wie jene beim Bau der Westtangente abgespeist werden.

Worum geht’s im Detail?

Knackpunkte sind auch der Naturschutz und die Entwässerung. Auf eine erste kritische Einschätzung der BI hatte die Stadtverwaltung auf die Möglichkeit, ein Pumpwerk im Bereich Waisenrainweg/Sommerweg zu errichten, hingewiesen, um westlich wie östlich der Königsbacher Landstraße Schmutzwasser zu entsorgen. Dieser Ansatz ist aus Sicht der BI „völlig unrealistisch“. Wie von der Stadt eingeräumt, müssten für eine Entwässerung der Anlagen „Am Waisenrain“ und „Am Kämpfelbach“ mehrere Pumpstationen bis zum Wartberg und Obsthofstollen gebaut werden. Pforzheim bekomme aber „nicht einmal die Planung für die Entwässerung der Rastanlage in den Griff“. Das Problem sei jedoch viel gravierender, denn die Abwasserleitung müsste die Bahnstrecke nach Ispringen kreuzen. Eine Unterquerung der Gleise läge viel zu tief. Die Überquerung sei technisch nur südlich des Ispringer Tunnelportals möglich und verlagere sich durch die Tunnel-Rettungsstation und den Hubschrauberlandeplatz noch weiter Richtung Hachelallee, weswegen nur eine „verschwindend geringe Fläche“ des Gesamtvorhabens entwässert werden könne. Das ganze Projekt werde an technischen Problemen, am Widerstand der Bewohner und am Naturschutz scheitern, so die BI.

Autor: Claudius Erb