Es fehlen die geeigneten Räume: Hausärztinnen berichten bei Veranstaltung über den Praxisalltag
Pforzheim. Ein Termin beim Arzt ist manchmal schwierig zu bekommen. Die Erreichbarkeit erscheint nicht minder schwierig. Diese Erfahrung machen mitunter Patienten besonders im Pforzheimer Raum bei den Fachärzten. Um einen Blick auf Probleme und mögliche Lösungsansätze zu werfen, hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband, Regionalverbund Nordschwarzwald unter dem Titel „Die ärztliche Versorgung in der Region – Fakten, Herausforderungen und Lösungsansätze“ zu einer Diskussionsrunde am Mittwochabend ins Volksbankhaus eingeladen.

Die Hausärztin Prof. Dr. med. Nicola Buhlinger-Göpfarth berichtete aus ihrem Praxisalltag in Huchenfeld und den Herausforderungen der letzten Jahre. Durch Praxisschließungen in der Umgebung hat sie rund 2000 Patienten mehr als noch vor sieben Jahren. Dies erforderte ein Umstellen vieler Prozesse in der mittlerweile großen Team-Praxis.
Als Kommunikationsweg hat die E-Mail das Telefon auf Platz eins abgelöst, zusätzlich gibt es Messenger und passende Apps. Neue Gesundheitsberufe und deren Akzeptanz, wie den „Physician Assistant“, der die Ärztin bei vielen delegierbaren Routineaufgaben entlasten und unterstützen kann, sind wichtig und werden in der nahen Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Individuelle Gesundheitskompetenz sehen die Diskussionsteilnehmer als einen wichtigen Baustein, der im Idealfall schon in den Schulen gelehrt werden sollte. Durchschnittlich geht der deutsche Patient zehn Mal im Jahr zum Arzt, in Schweden beträgt die Quote 2,8 bei statistisch nicht schlechterer Versorgung und Lebenserwartung.
Frauenärztin Dr. Brigitte Langer-Glock hat für ihre Praxis in der Vergangenheit keine Partnerin gefunden, oftmals mangelt es an prinzipiellen Strukturproblemen wie einer fehlenden Kinderbetreuung. Rund zwölf Prozent ihrer Leistungen bekommt sie nicht vergütet. „Wer von ihnen würde sich denn für einen Teil der Arbeit nicht bezahlen lassen wollen?“, fragt sie in die Runde.„Ich möchte nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ein Krankenhaus ohne Arzt ist auch nur ein Hotel. Man darf Ärzte nicht verprellen“, fährt sie fort.
Kollege Markus Haist bekommt drei bis vier Prozent der Leistungen nicht bezahlt. Neben fehlender finanzieller Vergütung sieht er auch ein Problem in städtebaulichen Rahmenbedingungen. Seine Frau hätte in Schellbronn gerne eine Praxis übernommen, aber es mangelte an geeigneten Räumlichkeiten, da diese auch Regularien durch den Gesetzgeber unterliegen. Bei städtebaulichen Projekten würde er die Planung von Praxisräumen begrüßen.
Dr. Buhlinger-Göpfarth favorisierte den Hausärztevertrag, bei dem der Patient zunächst seine feste Arztpraxis als Anlaufstelle hat. Damit sollen kostenintensive Doppeluntersuchungen minimiert werden. Bei Bedarf überweist der Hausarzt dann an einen Facharzt. Prinzipiell sei die Zahl der Fachärzte in Deutschland gut, nur an Hausarztpraxen mangele es oft.Manche Kollegen im Auditorium standen der Vertragslösung eher skeptisch gegenüber und sehen darin kein Allheilmittel.
Zur diskutierten Problematik der Zusammenlegung oder Schließung von Krankenhäusern gab Haist zu bedenken, dass der Bürger zwar eine hohe Versorgungssicherheit spüre, aber die Kliniken nicht immer gut in allen Bereichen sind oder auch sein können. Es sei wichtig, einmal an der Stelle mit der richtigen Kompetenz zu sein. Als Beispiel nannte er den Fall eines Freundes, der im Spanien-Urlaub einen Herzinfarkt erlitt und nach erfolgter Erstversorgung in einer 140 Kilometer entfernten spezialisierten Klinik bereits nach zwei Tagen die nötigen Stents eingesetzt bekam.