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Knittlingen -  31.01.2018
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Ex-Genesis-Sänger Ray Wilson spielt im Cellarium Songs zum Dahinschmelzen

Knittlingen. Welch ein Charmebolzen. Und welch eine Stimme. Eine, die direkt ins Herz geht – und ein bisschen tiefer. Ray Wilson, der Liebe wegen in Polen lebender Schotte, braucht nur wenige Töne, und zumindest der weibliche Teil der Fangemeinde schmilzt dahin: „Change“ und „Sarah“, sind seine ersten beiden Songs an diesem langen Abend im Knittlinger Cellarium, solo zur Gitarre gesungen. Es sind Balladen, zwei Liebeslieder, in denen die sanfte Seite des Ex-Genesis-Sängers besonders gut zur Geltung kommt.

Ausgefeilte Kompositionen

Gerade seine eigenen Titel – immer wieder unter die Hits seiner Ex-Band gestreut – lassen aufhorchen: Fein ausgefeilte Kompositionen mit hörenswerten Texten, die eine Geschichte erzählen. Sei es die der jungen Frau aus Tokyo, die Genesis fast rund um den Globus folgte in „Almost Famous“ – ein Song, den Wilson erst vor wenigen Wochen geschrieben hat. Oder sein Lied „Progaganda Man“, in dem der Singer-Songwriter von einer großen Lebenslüge erzählt. Mal einfühlsam, mal druckvoll wird Wilson begleitet von Gitarrist Stephan Schelle und Keyboarder Kool Lyczek. Sie bereiten den passenden Soundteppich für die Stimme Wilsons, die auch mal mit ironischem Unterton seinen Countrytitel „Airport Song“ röhrt. Zu fast jedem Song weiß der 49-Jährige eine Geschichte aus seinem reichen Erlebnisfundus. Storys unter anderem über Phil Collins und Gitarrist Mike Rutherford, die für reichlich Amüsement sorgen.

Das Publikum hat Spaß: vor allem, wenn es lautstark mitsingen kann. Das funktioniert natürlich prima bei den Genesis-Hits. Von denen hat Ray Wilson an diesem Abend allein elf Stück im Gepäck. Das geht gleich los mit „Follow You, Follow Me“, 1978 von Phil Collins eingesungen, dem Wilson von 1997 bis 1999 folgte. Auch die Hits des Vor-Vorgängers Peter Gabriel zelebriert Wilson: „Carpet Crawlers“, das in seiner Version unter die Haut kriecht.

Ray Wilson gelingt mit der Unplugged-Tour ein prima Balance-Akt: Er spielt mit seinem Duo die sattsam bekannten Genesis-Songs, ohne dabei wie eine Coverband zu wirken. Das hängt vor allem mit seiner in der mittleren Lage unglaublich einschmeichelnden Stimme und seiner enormen musikalischen Sicherheit zusammen. Aber auch damit, dass er Titel wie „No Son Of Mine“, „That’s All“, „Another Day In Paradise“ oder „Land Of Confusion“ interpretiert, ihnen eine eigene Note angedeihen lässt und das Publikum gerne mal als Chor einsetzt.

Die Begeisterung im historischen Keller ist riesig: Selbst nach der ausgiebigen Zugabe von „Hearts On Fire“ und Bob Dylans „Blowin’ In The Wind“ ebbt der frenetische Applaus nicht ab. Und Ray Wilson lässt sich – nachdem er bereits über zwei Stunden gesungen hat – nochmals bitten: Nur mit seiner Gitarre auf der Bühne singt er „In The Air Tonight“ und hat damit auch den letzten Konzertbesucher an diesem Abend erobert.

Autor: Sandra Pfäfflin